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Gewalttätige Eltern Misshandelte Kinder: Richter will Vormundschaftsbehörden anzeigen

Der Prozess um ein Elternpaar, das seine Kinder jahrelang quälte, endete mit der Verurteilung und einer Überraschung.

Die zwei Kinder mussten laut Gericht jahrelang ein Terrorregime erleben. Sie waren im Zimmer oder Keller eingesperrt, bekamen zu wenig Essen, mussten auf den Boden urinieren und wurden geschlagen und gequält.

Am Donnerstag sprach das Gericht drastische Strafen aus. Der Vater wurde zu einer Freiheitsstrafe von 16.5 Jahren verurteilt, die Mutter zu 12 Jahren.

Gerichtspräsident kündigte Anzeigen an

Bei der Urteilsverkündung überraschte der Gerichtspräsident mit der Ankündigung, die verantwortlichen Personen der Vormundschaftsbehörde, die einst für den Fall zuständig waren, anzeigen zu wollen. Es seien viele Fehler gemacht worden. Das Gericht wollte sich am Freitag nicht zum Urteil und zur Ankündigung äussern.

Rechtsanwalt Sven Gretler vertritt eines der Kinder. Er ist erfreut über die Ankündigung: «Wir sind froh, dass das Gericht aktiv wird und Strafanzeige macht. Es gibt in den Akten viele Hinweise, dass die Behörden nicht gut gehandelt haben.»

«Kritik an der Staatsanwaltschaft»

Der Berner Strafrechtsprofessor Jonas Weber sagt, dass der Richter eine Anzeige mache, sei eher selten und auch als Kritik an der Staatsanwaltschaft zu sehen. «Der Richter sagt damit: Ihr habt den Job nicht so gut gemacht, wie ich das erwartete. Ihr hättet genug auf dem Tisch gehabt, um ein Verfahren zu eröffnen.»

In den Akten ist protokolliert, dass in dem Fall mehrere Gefährdungsmeldungen bei den Behörden eingegangen sind. Hätte die Staatsanwaltschaft also nicht von sich aus ermitteln sollen?

Die Staatsanwaltschaft Zürich schreibt, man habe erst das Urteil gegen die Eltern abwarten wollen, das «weil eine allfällige strafrechtliche Verantwortlichkeit der involvierten Behördenmitglieder primär davon abhängt, ob den beschuldigten Eltern überhaupt ein strafbares Verhalten nachgewiesen werden kann». Die Staatsanwaltschaft will nun den Eingang der Strafanzeige abwarten und anschliessend prüfen, ob ein Strafverfahren zu eröffnen ist.

Kesb äussert sich nicht zu den Vorwürfen

Die kritisierte Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich von damals gibt es nicht mehr, sie ging vor ein paar Jahren in die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) über.

Gegenüber SRF nimmt der Präsident der Kesb Stadt Zürich so Stellung. «Der tragische Verlauf dieses Falles und das Schicksal der betroffenen Kinder beschäftigen uns sehr. Wir haben daher eine Aufarbeitung durch externe Fachpersonen geplant, um zu prüfen, was wir rückblickend daraus lernen können. Wegen der angekündigten Strafuntersuchung können wir jedoch nicht gleichzeitig eine eigene Untersuchung in Auftrag geben.» Aus dem gleichen Grund will die Kesb der Stadt Zürich derzeit auch nicht mehr zu dem Fall sagen.

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