Die Schweizer Golfszene hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Noch in den 1980er-Jahren galt Golf als ein elitäres Hobby für die Oberschicht. «Wer nicht dazu gehörte, kam nicht rein», sagt der Golf-Journalist Franco Carabelli.
Mittlerweile hat sich der ehemals elitäre Sport zu einem Breitensport gewandelt. Nicht der Sport selber hat sich laut Franco Carabelli gewandelt: «Die Menschen, die ihn betreiben, haben sich verändert.» Die Jungen, die heute hinzustossen, seien sportlicher und unkomplizierter als damals.
Bereits 1989 versuchte der Schweizer Golf-Pionier Walter Künzi, mit ersten öffentlichen Anlagen das Golfspiel jedem zugänglich zu machen. Zunächst mit einer Driving Range und später mit einem 9-Loch-Platz.
Erschwingliche Preise
Die Revolution in der Golfszene gelang schliesslich dem Grossverteiler Migros. Nachdem er Tennis für eine breite Bevölkerungsschicht zugänglich machte, war Golf an der Reihe. Mit dem Ziel «Golf für alle», eröffnete die Migros 1995 den ersten Golfpark.
Weshalb diese öffentlichen Golfplätze Anklang fanden, ist klar: «Es ist eindeutig eine Preisfrage», sagt Franco Carabelli. Möchte man in einem klassischen Golfclub Mitglied sein, bezahlt man eine Eintrittsgebühr zwischen 3000 und 30‘000 Franken und zusätzlich eine Jahresgebühr von 1000 bis 4000 Franken.
Bei der Migros gibt es auch günstigere Jahresgebühren zwischen 180 und 270 Franken. Hinzu kommen die Kosten einer Tageskarte, die sogenannte Greenfee. «Das ist vergleichbar mit den Tageskarten im Skifahren», sagt Carabelli, «und durchaus erschwinglich.»
Besser als gedacht
Zu Beginn hat dies zu einem Boom geführt. Zu Spitzenzeiten gab es 3000 Neugolfer pro Jahr. Mit der Zeit hat sich die Nachfrage abgeflacht. Jährlich stossen aber immer noch 1500 neue Golfer hinzu.
Als die ersten sogenannten clubfreien Golfspieler auf den Plätzen auftauchten, begegneten die Club-Spieler ihnen mit Skepsis. Sie galten als die Unausgebildeten, Flegelhaften und Wilden. Doch: «Man stellte schnell fest, dass sie teilweise besser ausgebildet waren, als die Club-Golfer», sagt Carabelli. «Denn die Ausbildung der Migros hatte –und hat immer noch – einen absolut hohen Standard.»
Bis heute hat die Migros 33‘000 Golferinnen und Golfer zur Platzreife geführt – fast einen Drittel aller Personen, die heute golfen.
Spürbare Konkurrenz
Clubfreie Golfer sind in rund 20 Schweizer Privatclubs nicht immer willkommen. Dort dürfen sie nur spielen, wenn ein Mitglied sie eingeladen hat. Dann kostet die Runde Golf bis zu zweihundert Franken.
Laut Jean-Marc Groh, Vorstandsmitglied des Privatclubs Schönenberg, stehen im Privatclub die Mitglieder im Vordergrund. Für sie soll jederzeit genug Platz vorhanden sein. Sie sollen jederzeit, ohne sich anzumelden und ohne Reservation, golfen können.
«Es sind zwei verschiedene Welten. Dagegen ist nichts einzuwenden», sagt Franco Carabelli. Das sei etwa wie beim Fliegen: Auch dort könne man sich je nach Budget zwischen First-Class oder Economy entscheiden.
Aufgeweichte Kleidervorschriften
In manchen Bereichen hat doch ein Umdenken stattgefunden. Viele Clubs haben eingesehen, dass die starren Regeln nicht mehr zeitgemäss sind. Etwa bei den Kleidervorschriften: Während die Profis früher zwingend lange Hosen tragen mussten, dürfen sie heute zumindest in den Proberunden in Shorts spielen.
Auch das T-Shirt mit den klassischen Kragen ist heute nicht mehr zwingend nötig. Der Profigolfer macht’s vor. Tiger Woods trägt keinen richtigen Kragen mehr, sondern einen kurzen Stehkragen. Die einzige Regel, die noch heute eisern gilt: Keine Blue-Jeans auf dem Platz.