Ernst Ludwig Kirchner habe seine Gemälde immer als Wandbild konzipiert, sagt Thorsten Sadowsky, Direktor des Kirchner Museums in Davos: «Eine solche Präsentation hätte sich Kirchner nicht einfallen lassen».
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Bild 1 von 6. Die Ausstellung im Kirchner Museum Davos präsentiert die Bilder als Objekte im Raum. Bildquelle: Stephan Bösch.
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Bild 2 von 6. Als «gültiges» Bild gilt die Seite, die der Künstler zuletzt bearbeitet hat. Bei mehreren Exponaten sind jedoch keine Qualitätsunterschiede zwischen vorne (verso) und hinten (recto) feststellbar. Bildquelle: Stephan Bösch.
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Bild 3 von 6. Bei mehreren der doppelseitigen Gemälde wurde die Rückseite restauriert. Hier im Bild wie Kirchner die Gemälde gerahmt hat. Bildquelle: Stephan Bösch.
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Bild 4 von 6. «Fränzi» (1911, Ausschnitt) gilt als Vorderseite des Gemäldes. Bildquelle: ZVG.
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Bild 5 von 6. Die Rückseite von «Fränzi» (1911) stammt aus dem gleichen Jahr und trägt den Titel «Weiblicher Akt im Tub». Je nach Ausstellungsort werde eine der beiden Seiten gezeigt, sagt Museumsdirektor Thorsten Sadowsky. Bildquelle: ZVG.
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Bild 6 von 6. «Zwei Frauen auf der Strasse» (1914): Eine der selten Strassenansichten von Ernst Ludwig Kirchner, der bevorzugt Aktbilder, Personen, Insel- und Bergmotive malte. Bildquelle: Stephan Bösch.
Im Ausstellungsraum stehen verteilt weisse Podeste. Sie ermöglichen es, die Bilder von beiden Seiten zu betrachten. Darüber ziert ein Zitat die Wand:
Auch ich muss etwas sparen jetzt, und das Material ist sehr kostspielig geworden. Aber die Leinwand hat Gott sei Dank zwei Seiten.
Thorsten Sadowsky zweifelt, dass finanzielle Gründe alleine den Ausschlag gaben. Vielmehr habe der Umzug nach Davos 1918 dem Künstler ermöglicht, sein bisheriges Werk mit neuen Augen zu sehen und auch zu redigieren. Aus dieser Zeit stammten deshalb besonders viele Doppelbilder.
Insgesamt 138 Doppelbilder sind von Ernst Ludwig Kirchner bekannt. Welche Seite als Vorderseite zählt, hat der Künstler in vielen Fällen vermerkt. Beachtet wurde dies nicht immer wie das Beispiel des Bildes «Abschied» (1925/26) zeigt. In den 1980er-Jahren habe der Nachlassverwalter auf der Rückseite unter einer weissen Farbschicht ein Bild entdeckt, erzählt Thorsten Sadowsky. Dieses habe man anschliessend aufwändig restauriert.
Heute werde die Rückseite mit dem Titel «Interieur mit Dodo» (1909) als eines der zentralen Bilder des Expressionismus präsentiert. Die Ausstellung «Der doppelte Kirchner» will auf die Entstehungsgeschichte der Bilder aufmerksam machen und zeigen, wieso welche Seite heute präsentiert wird.
Die Ausstellung «Der doppelte Kirchner – Die zwei Seiten der Leinwand» im Kirchner Museum Davos läuft bis 8. November 2015.
SRF1, Regionaljournal Ostschweiz und Graubünden; 17:30 Uhr; habs