Es gibt sicher angenehmere Tage für Hoteldirektor Bernard Raemy als die, an denen sich Hotel-Auditoren angesagt haben. Letztere sind Experten, welche landesweit die Qualität und damit die Einstufung von Hotels vornehmen.
Das Auditoren-Duo Hans Ulrich Gerber und Roland Mattmann betritt das Café des Hotels Bären in Langenthal (BE) und gesellt sich zu Hoteldirektor Raemy. Während sich die Hotelgäste mit Kaffee und Gipfeli für den Tag stärken, geht es für Raemy heute um die Wurst. Er möchte seine «3 Sterne Superior» behalten – also weiterhin zu den besten 3-Sterne-Hotels der Schweiz gehören. Dafür braucht er den Segen von Gerber und Mattmann.
«Wir sind keine Beamten»
Im Büro angekommen, übernimmt Hans Ulrich Gerber das Zepter. Er zeigt dem Hoteldirektor auf, was auf ihn zukommt. Schnell wird klar: Das wird keine Alibi-Übung. 270 Punkte wollen Gerber und sein Co-Auditor Mattmann heute überprüfen. Bei einem Superior-Betrieb gelte Nulltoleranz, was den Zustand angehe, mahnt Gerber.
Um Raemy zu beruhigen, zeigt sich Gerber verständnisvoll für die Situation des Hotel-Direktors und betont, dass auch die Auditoren einst Hoteliers waren: «Wir sind keine Beamten, sondern kommen aus der Praxis.» Nach diesem Vorgespräch ist das Eis gebrochen. Gerber gibt sich erleichtert: «Es kann sein, dass Hotels wegen uns ihre Sterne verlieren, darum sind wir nicht überall willkommen.»
Dem geschulten Auge entgeht nichts
Nun geht es zum ersten Hotelzimmer, das kontrolliert werden soll. Beim Hotel-Chef steigt die Nervosität. Es dauert eine Weile, bis er den richtigen Schlüssel ins Türschloss steckt. Im Zimmer selbst geht es dann ans Eingemachte.
Das Bett wird entkleidet. Matratze, Decke und Kissen werden auf Flecken überprüft. «Alles sauber.» Im Badezimmer konstatiert Mattmann, dass Duschvorhänge in 3-Sterne-Hotels eigentlich nichts mehr zu suchen hätten. «Heute hat man Duschwände. Das ist aber keine Kritik, sondern mehr eine Empfehlung.»
Meist untersuchen die Auditoren stichprobenweise vier bis fünf Zimmer. Natürlich bestehe die Gefahr, dass Hoteliers ihnen etwas verschwiegen. Aber «wir riechen es förmlich, wenn der Hotelier uns etwas vorenthalten will», sagt Gerber augenzwinkernd.
Ohne Investitionen keine Sterne
Auf der weiteren Tour durch das Hotel werden die Auditoren dann fündig. In einem Badezimmer blättert die Decke ab, ein Buffet-Tisch im Festsaal ist voller «Näggis» und der Hintereingang des Hotels sieht nach Meinung der Tester aus wie ein «Lieferanteneingang».
Diese Mängel halten die Sterne-Vergeber auf ihrem Tablet fest. Zurück im Büro des Hotels Bären resümieren die Hotel-Auditoren, was ihnen ins Auge gestochen ist, was das Hotel «machen sollte» und was es «machen muss».
Fazit: Es sind diverse Investitionen angezeigt, ohne die das Hotel seine «Drei Sterne Superior» verliert.
Nachkontrolle in einigen Monaten
Ganz die Profis schliessen die beiden Hotel-Auditoren ihren dreistündigen Besuch in Langenthal mit einem «sonst ist das Hotel in einem sehr guten Zustand» ab. «Herzliche Gratulation und vielen Dank.»
In einigen Monaten werden sie wieder kommen und dann das definitive Sternen-Urteil fällen. Bis dahin ist der Bären gefordert.