Im ägyptischen Badeort Hurghada am Roten Meer ist ein Mann bei einem Haiangriff getötet worden. Das teilte das ägyptische Umweltministerium am Donnerstagabend mit. Im Internet kursiert ein Video des tödlichen Zwischenfalls. Wie ist der Angriff einzuordnen? Alex Smolinsky, Präsident der internationalen Hai- und Artenschutzorganisation Sharkproject, liefert Antworten.
SRF News: Was ist zu dem Haiangriff bekannt?
Alex Smolinsky: In dem Video sieht man, wie eine einzelne Person in Küstennähe schwimmt und von einem grossen Haifisch mehrmals angegriffen und unter Wasser gezogen wird. Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Tigerhai handelt. Kurz nach dem tödlichen Unfall wurde ein Tigerhai aus dem Wasser gezogen. Auch davon kursieren Bilder.
Wie haben die Behörden reagiert?
Die Ägypter nehmen solche Vorfälle sehr ernst und reagieren jeweils schnell. Das Land lebt vom Tourismus. Diesmal wurden die Strände für zwei Tage gesperrt, was allerdings eher dazu dienen soll, die Menschen zu beruhigen. Bei solchen Hai-Unfällen arbeiten wir jeweils eng mit den involvierten Behörden zusammen, etwa, um herauszufinden, welche Haiarten involviert waren.
Wieso kommt es überhaupt zu solchen Angriffen?
Haie, die auf Menschenjagd gehen, gibt es nicht. Es führen immer mehrere Faktoren zu einem Haiangriff. Man muss wissen, dass Haie einen stark ausgeprägten Geruchssinn haben. Wenn nun beispielsweise Essensreste von Schiffen ins Meer geworfen werden, Fischer ihren Fang in Küstennähe ausnehmen und die Reste ins Wasser werfen oder Hotelanlagen ihr Abwasser ins Meer leiten, können Haie das riechen. Sie folgen der Geruchsspur. Wenn diese Geruchsspur nun zu einem Schwimmer führt, kann das fatal sein. Denn Tigerhaie fressen normalerweise auch Kadaver, die an der Wasseroberfläche treiben.
In Ägypten wurden seit 2015 fünf Menschen bei Hai-Angriffen getötet. Was können Sie uns zur Häufigkeit dieser Angriffe sagen?
Jährlich sterben weltweit acht bis zehn Menschen durch Haiangriffe. Am häufigsten betroffen sind Speerfischer, Schnorchler und Schwimmer. Da die Zahlen sehr klein sind, ist es schwierig, daraus Schlüsse zu ziehen. Eine Häufung stellen wir nicht fest.
Was wir aber herausgefunden haben, ist, dass manchmal ein und dasselbe Tier für mehrere Angriffe verantwortlich ist. Wie auch bei anderen Tieren gibt es bei den Haien verschiedene Charaktere. Manche sind friedlich, andere greifen an.
Wie kann ich mein Verhalten im Meer anpassen, um solche Vorfälle zu vermeiden?
Wir empfehlen, in Küstennähe zu bleiben und nicht über die Abbruchkante des Riffs hinauszuschwimmen. Wenn man schwimmen geht, sollte man das in Gruppen tun und eine Schwimmbrille tragen, damit man sieht, was um einen herum passiert. Falls sich ein Hai nähert, sollte man abtauchen und den Hai anschauen. Solange man den Hai im Blickfeld hat, bleibt er auf Abstand. Haie greifen von unten an, nicht von vorne. Es hilft auch, lange, dunkle Hosen zu tragen. Taucher in Anzügen sind für Haie wenig interessant und sie befinden sich mit dem Hai im gleichen Raum. Aber am Ende muss man sich bewusst sein: Das Meer ist nun mal der Lebensraum des Hais.
Die Fragen stellten Romana Kayser und Andrée Getzmann.