Das Zusammenkommen, die Gemeinschaft fehle den Gläubigen in dieser Zeit am meisten. Das sagen christliche, jüdische und muslimische Religionsvertreter übereinstimmend auf die Frage, was ihren Gemeindemitgliedern in der gegenwärtigen Zeit der Versammlungsverbote am meisten fehle. Besonders spürbar werden die sozialen Einschränkungen in diesen Tagen der religiösen Feste: Gestern Abend begann Pessach, morgen beginnt mit dem Karfreitag das Osterfest, und in zwei Wochen fängt der Ramadan an.
Das «Wort zum Tag» als Videobotschaft
Die Pfarrer, Rabbiner und Imame suchen und finden seit Wochen Wege, um die Einsamkeit der Gläubigen zu mildern. So stellt Hanspeter Plattner, reformierter Pfarrer in Muttenz, gemeinsam mit den anderen Seelsorgenden der Kirche jeden Tag ein neues, fünfminütiges Video ins Internet. «Es handelt sich dabei jeweils um ein kurzes Bibelwort und eine persönliche Auslegung», sagt Plattner. In diesen Tagen rufe er gerade ältere Gemeindemitglieder oft an, damit sich diese nicht einsam fühlten.
Pfarrer bringt Gläubigen eine Osterkerze nach Hause
Dass ausgerechnet die Ostergottesdienste nicht stattfinden können, stimmt den reformierten Pfarrer traurig. Auf alles werde trotz allem nicht verzichtet. Am Karsamstag werde er zum Beispiel das traditionelle Osterfeuer vor der Kirche entzünden, auch wenn die Menschen nicht zum Gottesdienst zusammenkämen. Und die Türen der Kirche stünden in diesen Tagen offen, um den Menschen die innere Einkehr zu ermöglichen.
Der römisch-katholische Pfarrer von Arlesheim, Sylvester Ilhuoma, wird gemeinsam mit seinem Team Gemeindemitgliedern Osterkerzen persönlich nach Hause bringen. «Wir wollen das als eine Art Ostergabe für die Menschen machen», sagt Ilhuoma. Jeden Morgen und Abend läuten in der Corona-Zeit in Arlesheim und Münchenstein jeweils um halb sieben Uhr morgens und um halb acht Uhr abends die Glocken, um die Gläubigen zum Beten aufzurufen. Zwar nicht gemeinsam, aber gleichzeitig. «Wir haben dieses ökumenische Projekt ins Leben gerufen, damit sich die Menschen spirituell verbunden fühlen, auch wenn sie physisch nicht zusammenkommen können.»
«Pessach ist ein Gemeinschaftsfest»
Gestern Abend haben die Jüdinnen und Juden mit der Feier von Pessach begonnen. Dieses Fest verbindet in besonderer Weise die Generationen. Umso härter sei es für die Gemeindemitglieder, dass sie Pessach in diesem Jahr allein oder nur im ganz kleinen Familienkreis feiern müssten, sagt Rabbiner Moshe Baumel von der Israelitischen Gemeinde Basel. «Das ist für viele in der Gemeinde schwierig, denn Pessach ist ein Gemeinschaftsfest», so Moshe Baumel.
Die Gemeinde beliefere nun ältere und gefährdete Personen mit Essenspaketen und via die Videosoftware «Zoom» werden diejenigen Gemeindemitglieder, die noch nie allein ein «Seder-Mahl» zubereitet haben, instruiert. Der Rabbiner sagt, er versuche der Gemeinde mit einer historischen Parallele aus der Bibel Mut zu machen. «Als das hebräische Volk auf den Exodus aus Ägypten wartete, waren auch alle in ihren Häusern eingesperrt. Es gab das göttliche Verbot, herauszugehen. Da besteht eine Parallele. Und das schafft natürlich die Hoffnung, dass die Folge daraus auch eine Art Befreiung sein wird», erklärt Rabbiner Baumel.
Mangel an Halal-Fleisch wegen geschlossenen Grenzen
Bei den Muslimen bringt die Corona-Krise nochmals andere Probleme mit sich. Serhad Karatekin, Präsident der Fetih Moschee in Basel am Dreispitz, sagt, weil die Grenzen zu Deutschland und Frankreich geschlossen seien, wüssten die Muslime aus der Region nun nicht mehr, wo sie Halal-Fleisch kaufen könnten. Die Moschee organisiere das nun für sie.
Take-away an Ramadan
In zwei Wochen beginnt der Ramadan – auch das ein Anlass, bei dem das Soziale im Vordergrund steht. «Wir teilen das Brot miteinander normalerweise. Das heisst, wir kochen hier in der Moschee an Ramadan für bis zu 250 Personen. Und dann essen wir gemeinsam. Das fällt jetzt natürlich weg», so Karatekin. Die Moschee plane nun, einfach in kleinerem Umfang, trotz allem zu kochen. Das Essen werde den Leuten dann mitgegeben. «Das wird eine Art Take-away, so ähnlich wie bei den Gassenküchen».
Trotz allen Bemühungen der verschiedenen Religionsgemeinschaften ist klar: In der Corona-Krise leidet das besonders, was viele Menschen vor allem in der Kirche, in der Moschee oder in der Synagoge suchen. Nämlich das Gefühl von Gemeinschaft und Nicht-allein-Sein.