- Am Mittwoch debattierte der Nationalrat eine Standesinitiative der Kantone Zug und Uri.
- Darin fordern die Kantone, dass sie selber entscheiden können, welches Wahlsystem sie anwenden wollen.
- Mit 93 zu 90 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschloss er auf die Vorlage einzutreten.
- Der Ständerat hatte die Initiative schon im Frühling behandelt und den beiden Kantonen Recht gegeben.
- Die Diskussion in Bern wird auch in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Graubünden mit Interesse verfolgt. Auch dort wird seit Jahren über das Wahlsystem gestritten.
Hintergrund: Das Bundesgericht hatte die Anforderungen ans Wahlsystem in den letzten Jahren immer mehr präzisiert. Grundsätzlich legt es Wert darauf, dass die Stimmen aller Wählerinnen und Wähler in gleicher Weise zum Wahlergebnis beitragen und bei der Mandatsverteilung berücksichtigt werden. Unter dem Titel «Proporzwahlrecht» sollen nicht faktische Majorzwahlen durchgeführt werden dürfen.
In mehreren Urteilen hat das Bundesgericht daher festgehalten, dass keine Wahlkreise zulässig sind, in denen es für ein Mandat mehr als 10 Prozent der Stimmen braucht. In jedem Wahlkreis müssen somit mindestens 9 Sitze vergeben werden.
Standesinitiativen aus Uri und Zug: Die beiden Kantone argumentierten, dass sie die Souveränität beim Wahlverfahren für kantonale Behörden behalten wollen. Die Entscheide des Bundesgerichtes würde ihren Spielraum bei der Ausgestaltung des Wahlverfahrens zu stark einschränken. Deshalb reichten beide Kantone beim eidgenössischen Parlament Standesinitiativen ein.
Entscheid des Nationalrates: Die vorberatende Nationalratskommission hatte es knapp abgelehnt den Kantonen freie Hand zu lassen bei der Ausgestaltung ihrer Wahlsysteme. Die Kommission empfahl, nicht auf die Vorlage einzutreten. Der Proporz bei kantonalen Wahlen solle grundrechtskonform angewendet werden, argumentierte sie. Bei zu kleinen Wahlkreisen könne etwa mit Wahlkreisverbänden oder speziellen Verteilungsregeln ein Ausgleich geschaffen werden.
Die Argumente: Kommissionssprecher Cédric Wermuth (SP/AG) erinnerte daran, dass verschiedene Kantone ihr Wahlrecht nach den Entscheiden des Bundesgerichts angepasst haben. Es gebe daher keinen Handlungsbedarf für den Bundesgesetzgeber.
Gerhard Pfister (CVP/ZG) hielt dagegen, das Bundesgericht schränke den Spielraum der Kantone bei der Ausgestaltung der Wahlverfahren zusehends ein.
Diese Argumentate überzeugte den Rat: Er beschloss mit 93 zu 90 Stimmen bei 2 Enthaltungen, auf die Vorlage einzutreten - gegen den Willen seiner Kommission. Damit geht diese zur Detailberatung an die Kommission zurück.