Noch 1850 waren mehr als 90 Prozent der Stadtzürcher und Stadtzürcherinnen reformiert. «Das ist heute nicht mehr so», bilanziert Klemens Rosin von Statistik Zürich. «Die grösste Gruppe sind heute die Konfessionslosen, an zweiter Stelle sind die Katholiken und erst dann kommen die Reformierten.» In den 1960er und 1970er Jahren haben die Katholiken die Reformierten als grösste Gruppierung verdrängt – wegen der Zuwanderung aus Italien und Spanien.
Bei den Franzosen, Briten und Amerikanern gibt es besonders viele Konfessionslose.
Seit 2012 sind die Konfessionslosen die grösste Gruppierung. Das hat gemäss Rosin verschiedene Gründe: «Die Konfessionslosen haben mehr Kinder. Aber auch die Kirchenaustritte und die Zuwanderung spielen wieder eine Rolle.»
Aktuell gehören 34 Prozent der Bevölkerung keiner Religion an, 28 Prozent sind katholisch und nur noch 22 Prozent reformiert. Der Anteil der Reformierten dürfte in den nächsten Jahren weiter zurückgehen, haben sie doch das mit Abstand höchste Durchschnittsalter.
Freidenker fordern eigene Seelsorger
Viele der Konfessionslosen seien keine Atheisten. Sie könnten mit der Institution Kirche einfach nichts anfangen, sagt Statistiker Klemens Rosin. Viele dieser Menschen sind zwar keiner Kirche angeschlossen, wünschen sich aber dennoch eine Begleitung: bei der Geburt, an einer Hochzeit oder bei einem Todesfall. Genau hier will der Verein «Freidenker Schweiz» ansetzen.
Der Verein fordert eine humanistische Seelsorge. Wenn der Kanton die Seelsorge der Religionsgemeinschaften entschädige, dann könne es nicht sein, dass Konfessionslose hier ausgeschlossen werden, sagt Andreas Kiriaku, Präsident des Vereins Freidenker Schweiz. In einer ersten Reaktion äusserte sich der Zürcher Regierungsrat ablehnend zu dieser Idee. Vom Tisch ist das Thema damit aber nicht. Bereits nächste Woche treffen sich Freidenker und Vertreter des Kantons Zürich zu Gesprächen, zeigt eine Anfrage des Regionaljournals.