Beim EU-Afrika-Gipfel in Brüssel gibt es kaum gemeinsame afrikanische Erwartungen an die EU – die Afrikanische Union (AU) ist nicht mit der Europäischen Union zu vergleichen. Die AU ist ein opportunistisches Zweckbündnis, das politisch, wirtschaftlich und klimatisch völlig unterschiedliche Gebiete umfasst: Die politischen Probleme der Wirtschaftsmacht Südafrika sind völlig andere als jene Somalias – wo der Staat am Tor des Präsidentenpalasts aufhört zu existieren.
Krisenherd Zentralafrika
Ein gemeinsamer Nenner bildet zur Zeit allerdings die Zentralafrikanische Republik. Hier droht laut der UNO ein Völkermord. Seit Wochen fordert die AU ein Eingreifen der Europäer, allen voran der Franzosen. Tatsächlich sichern seit Wochen gegen 2000 französische Soldaten den Flughafen in der Hauptstadt Bangui, weitere 1000 Soldaten aus der EU sollen schon bald folgen. Zum Vergleich: Ebenfalls in Zentralafrika befinden sich 5500 Soldaten aus anderen Ländern des Schwarzen Kontinents.
Die UNO warnt davor, dass in dem Land bis zu 30'000 Muslime akut von christlichen Milizen mit dem Tod bedroht werden. Hätte die neue Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza einen Wunsch offen, sie würde sich sicher eher 30'000 als bloss 3000 EU-Soldaten wünschen, um die Sicherheitslage im Land in den Griff zu bekommen.
Europa für Afrika immer unwichtiger
Trotzdem gilt mit Blick auf das Gipfeltreffen in Brüssel festzuhalten, dass Europa in Afrika eine immer weniger wichtige Rolle spielt. Noch vor 20 Jahren waren die westlichen Diplomaten so etwas wie die Oppositionspolitiker in vielen afrikanischen Ländern. Sie nahmen Einfluss auf die Regierungsführung und drohten den Geldhahn zuzudrehen, wenn etwas nicht so geschah, wie sie es wollten.
Mittlerweile wurde Europa in Afrika durch die Chinesen abgelöst, die keine moralischen Auflagen für Leistungen machen – sie wollen einfach ein Geschäft machen, sie wollen die Rohstoffe. Die Afrikaner haben also jetzt die Wahl, mit wem sie sich einlassen. Den Europäern bleibt nur noch zu versuchen, sie zu überzeugen.
Europäer sollen Brände löschen
Trotzdem ruft Afrika – wenn es brennt – nach den Europäern, um den Brand zu löschen. Sei es nun in Mali, in der Zentralafrikanischen Republik oder in Südsudan. Nicht selten ergeht der Hilfsappell nach Truppen sogar an die frühere Kolonialmacht wie Frankreich. Das ist nicht nur ambivalent, das ist ärgerlich.
Denn wenn andererseits ein afrikanischer Führer wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erscheinen sollte, gibt es heftige Proteststürme. Gefordert werden dann «afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme» und weniger koloniale Einmischung.
Eine etwas konsequentere Haltung Afrikas wäre durchaus wünschenswert.