Rund um den Athener Syntagma-Platz drängeln sich Autos, Taxis und Linienbusse, dazwischen schlängeln sich zahlreiche Mopeds und Motorräder durch den Verkehr. Eine Passantin beschreibt die Situation um sich herum so: «In Athen herrscht immer so viel Verkehr. Es ist sehr gefährlich. Viele Fussgängerinnen und Fussgänger gehen bei Rot über die Strasse. Und es ist üblich, dass Motorradfahrer keinen Helm tragen.»
Das gefährliche Verhalten der Verkehrsteilnehmenden spiegelt sich auch in den Statistiken wider. 637 Menschen haben vergangenes Jahr in Griechenland bei einem Verkehrsunfall ihr Leben verloren. Griechenland kommt somit auf Platz fünf der EU-Länder mit der höchsten Todesrate bei Verkehrsunfällen nach Bulgarien, Rumänien, Lettland und Kroatien.
Damit soll bald Schluss sein, wie der griechische Vizetransportminister Vassilis Economou sagt – dank einer neuen Strassenverkehrsordnung, die in den kommenden Wochen verabschiedet werden soll. Unter anderem sind darin Tempo 30 in den Städten und saftige Bussen für Verkehrssünder vorgesehen.
«Die Hälfte der Menschen, die letztes Jahr in Griechenland bei einem Verkehrsunfall starben, kamen in Wohngegenden ums Leben. Die Europäische Union verfolgt das Ziel, dass bis 2030 die Verkehrstoten um 50 Prozent zurückgehen. Das wollen wir als Mitgliedsstaat auch erreichen.»
Ausweisentzug bei kleineren Verstössen und mehr Kameras
Schon für kleinere Verstösse, etwa der Spurwechsel ohne Blinker oder längeres Hupen, soll mit dem neuen Gesetz neben einer Geldstrafe für mindestens zehn Tage der Führerschein entzogen werden. Ist der Fahrer für einen Verkehrsunfall verantwortlich, bei dem es Tote gibt, droht ihm in Zukunft eine Gefängnisstrafe von mindestens zehn Jahren. Bisher waren es bis zu fünf Jahre.
Und zum ersten Mal werden auch in Griechenland grossflächig Verkehrsüberwachungskameras eingesetzt. «Allein im Grossraum Athen werden es 1400 Kameras sein. Durch die Digitalisierung können Bussgelder auch nicht einfach so gestrichen werden, wie es bisher oft der Fall war. Wer über Bekannte Zugang zum Bürgermeister oder zu einem lokalen Abgeordneten hatte, der bat darum, die Strafe zu streichen. Das wird unmöglich.»
Ob die neue Strassenverkehrsordnung tatsächlich zu einem verständnisvolleren Miteinander und weniger Unfällen auf den griechischen Strassen führen wird? Die Passantin wünscht sich das zwar, ist aber skeptisch. Ein neues Gesetz allein reiche da nicht aus, sagt sie.
«Vieles hat auch mit Bildung und der Familie zu tun. Wenn die Eltern sich nicht anschnallen oder bei Rot über die Strasse gehen, werden ihre Kinder das auch tun. Wir müssen uns alle die Frage stellen, was für Vorbilder wir für die nächste Generation sein wollen.»
Übergangsphase geplant
Um Kinder früh genug zu sensibilisieren, werde das Thema Verkehrssicherheit inzwischen auch in den Schulen stärker behandelt, sagt Vizetransportminister Vassilis Economou. Was die neue Strassenverkehrsordnung angehe, werde es erst einmal eine Übergangsphase geben, in der mit Informationskampagnen auf die neuen Regeln hingewiesen werde, so Economou. Erst danach werden die griechischen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer mit den strengeren Bussen rechnen müssen.