Was ist passiert?
Ein Airbus A321 der russischen Fluggesellschaft Metrojet ist am Samstagmorgen über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Alle 224 Insassen der Maschine – 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder – starben. An Bord des Flugzeugs befanden sich vor allem russische Feriengäste. Sie waren am frühen Morgen im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich gestartet. 23 Minuten nach dem Start riss der Kontakt zur Maschine ab. Erste Hoffnungen, einige Insassen könnten den Absturz überlebt haben, bestätigen sich nicht.
Wo stürzte die Maschine ab?
Die Trümmerteile des Airbus wurden in der Gebirgsregion der Sinai-Halbinsel, rund 70 Kilometer südlich der Stadt Al-Arisch, gefunden. In der Gegend kämpfen die ägyptischen Sicherheitskräfte seit Jahren gegen Extremisten, die Verbindungen zur Terrormiliz IS haben.
Warum stürzte das Flugzeug ab?
Das ist die grosse Frage. Die russischen Ermittler gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass die Maschine wohl bereits in der Luft auseinanderbrach – offenbar, weil die Trümmer der Maschine über eine Fläche von 20 Quadratkilometern vertreut sind. «Die Zerstörung ist in der Luft geschehen», sagte ein Mitglied der Untersuchungskommission am Sonntag. Er fügte aber an, es sei zu früh, weitere Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Die Airline selbst sprach einen Tag später davon, dass der Absturz wohl von einer «mechanischen Einwirkung» ausgelöst wurde. Details nannte der Vizechef von Kolavia, der Muttergesellschaft von Metrojet, nicht. Nach seinen Worten hat die Crew keinen Notruf abgesetzt. «Offenbar war die Mannschaft zum Zeitpunkt der Katastrophe bereits vollständig arbeitsunfähig», so der Kolavia-Vizechef. Der Airbus A-321 habe innerhalb von weniger als einer Minute massiv an Geschwindigkeit verloren und sei stark abgesackt.
Die Äusserungen des Kolavia-Managers widersprechen früheren Berichten. Kurz nach dem Unglück hatte es geheissen, der Pilot habe bereits kurz nach dem Start von technischen Problemen berichtet und offenbar eine Notlandung geplant. Später hiess es dann auch, ein ägyptischer Ableger habe sich auf Twitter zu einem Anschlag auf die Maschine bekannt.
Was spricht für, was gegen einen Anschlag?
Seit Beginn der russischen Luftangriffe in Syrien vor gut einem Monat wächst in Russland die Angst vor Terroranschlägen – man fürchtet die Rache islamistischer Extremisten. Dass sich kurz nach dem Absturz ein IS-Ableger zu einem Anschlag bekannte, befeuerte die Spekulationen in diese Richtung.
Allerdings liessen sowohl die russischen als auch die ägyptischen Behörden rasch verlauten, sie hielten das Schreiben nicht für glaubwürdig. «Allen Daten zufolge, die uns Ägypten zur Verfügung gestellt hat, sind solche Behauptungen unglaubwürdig», sagte etwa der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow. Auch SRF-Korrespondent Pascal Weber in Beirut riet am Samstag zu Zurückhaltung. «Wenn man sich den Bekenner-Tweet anschaut, dann steht da, dass die Soldaten des Kalifats den Absturz erfolgreich herbeigeführt hätten», sagte er in der «Tagesschau». Das könne alles und nichts heissen. Für ihn deute deshalb vieles darauf hin, dass der IS nur propagandistisch profitieren wolle. Experten weisen ausserdem daraufhin, dass die Extremisten im Norden der Sinai-Halbinsel nicht über die nötigen Waffen verfügen, um ein Flugzeug in mehreren Kilometern Höhe abzuschiessen.
Was ist über die Unglücksmaschine und -airline bekannt?
Bei der abgestürzten Maschine handelt es sich um einen Airbus A321, ein Kurz- und Mittelstreckenflugzeug, das seit 1993 mehr als 1150 mal ausgeliefert wurde. Der A321 ist die grössere Ausführung des Passagierjets A320. Die betroffene Maschine war 18 Jahre alt und soll in dieser Zeit mehrere Besitzer gehabt haben. Erst seit 2012 befindet sie sich im Besitz von Metrojet, einem Subunternehmen der russischen Airline Kolavia.
Metrojet beteuert, die Maschine sei regelmässig gewartet und in einwnandfreiem technischen Zustand gewesen. Allerdings soll die Unglücksmaschine bereits 2001 in einen Unfall verwickelt gewesen sein. Sie hatte damals bei einer Landung in Kairo einen so genannten Tailstrike erlitten. Dabei schlittert das Heck des Flugzeugs über die Piste. Die Airline beteuert, der Schaden sei vollständig repariert worden.
Wie geht es nun weiter?
Aufschluss über die Absturzursache können möglicherweise die Black Boxes geben. Sowohl der Flugschreiber als auch der Stimmenrekorder wurden inzwischen geborgen und werden untersucht. Inzwischen hat auch die Identifizierung der Opfer in St. Petersburg begonnen.
Wie reagieren andere Fluggesellschaften?
Mehrere grosse Fluggesellschaften haben angekündigt, den Sinai vorerst zu umfliegen. Eine Sprecherin der deutschen Lufthansa sagte, dies gelte so lange, bis die Absturzursache geklärt sei. Die Swiss fliegt seit längerem nicht mehr über den Norden der Sinai-Halbinsel.