Die ägyptische Übergangsregierung hat ihren Rücktritt erklärt. Das teilte der scheidende Ministerpräsident Hasem al-Beblawi mit. Einen Grund für den Rücktritt nannte Beblawi nicht.
Als möglicher Nachfolger für Beblawi ist der Minister für Wohnungsbau, Ibrahim Mahlab, im Gespräch. Der Ingenieur und Top-Manager war 2010 von Präsident Hosni Mubarak als Mitglied der inzwischen abgeschafften zweiten Kammer des Parlaments ernannt worden. Der Ingenieur sei in erster Linie nicht ein Politiker, sondern ein Macher, sagt Astrid Frefel über die Herkunft Mahlabs. «Er hat versucht, die Baubranche als wichtiger Motor der Wirtschaft wieder anzukurbeln», so die Journalistin in Kairo.
Weg frei für Sisi
«Dass es eine Regierungsumbildung geben muss, war immer klar, überraschend ist, dass das ganze Kabinett zurückgetreten ist», sagt Frefel.
Ein Rücktritt sei allerdings klar: Wenn Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi sich entscheide, in die Präsidentschaftswahl einzusteigen, müsse er erst von diesem Posten und als Armeechef zurücktreten. Demnach sei der Rücktritt ein weiterer Schritt im Drehbuch für die Kandidatur von General al-Sisi.
«Ägypten lebt über seine Verhältnisse»
Ein Termin für die Präsidentenwahl steht noch nicht fest, doch muss sie gemäss der neuen Verfassung bis Mitte April über die Bühne gehen. Sisi geniesst seit der von ihm betriebenen Entmachtung Mursis grosse Popularität. Eine mögliche Kandidatur hat er mehrfach angedeutet, aber bislang nicht eindeutig erklärt.
Doch inwieweit die Spannungen mit einem neuen Präsidenten abgebaut würden, sei fraglich. Denn nur mit dem Tausch von Personen sei das Problem nicht gelöst. «Das Grundproblem ist schlicht, dass Ägypten über seine Verhältnisse lebt, und niemand bereit ist, einschneidende Reformen anzugehen», sagt Frefel.
Stromabschaltung im Winter
Wirtschaftliche Probleme haben eine grosse Unzufriedenheit in der Bevölkerung ausgelöst. Diese sieht Frefel als weiteren Grund für den Rücktritt des Kabinetts. Denn Streiks überrollen derzeit Ägypten. Textilarbeiter, Polizisten, Postangestellte und Bedienstete des öffentlichen Verkehrs hatten die Arbeit niedergelegt, weil sie die vom Kabinett festgelegten Mindestlöhne nicht erhalten hatten.
Doch für diese Mindestlöhne fehle schlicht das Geld in der Kasse, sagt Journalistin Frefel. Auch für genügend Öl und Gas fehle das Geld, um die Stromproduktion aufrechtzuerhalten. «Es gibt deshalb zum ersten Mal auch im Winter Stromabschaltungen, das macht die Leute zusätzlich wütend.»