Im Mai 1992 gipfelte der Kampf zwischen der Mafia und der Italienischen Justiz im tödlichen Bombenanschlag am «Mafia-Jäger» Giovanni Falcone. Er war einer der erfolgreichsten Bekämpfer des organisierten Verbrechens: Im von ihm eingeleiteten «Maxi-Prozess» gegen die Cosa Nostra wurden Hunderte von Mafioso zu Freiheitsstrafen verurteilt. Insgesamt sprachen die Richter Strafen von 2'665 Jahren aus.
Tod Falcones ist ein herber Rückschlag im Kampf gegen die Mafia
Am 23. Mai 1992 wird Falcone zusammen mit seiner Ehefrau getötet. Die Attentäter hatten unter der Autobahn 500 kg Sprengstoff deponiert. Der Mord am «Mafia-Jäger» stürzte Italien in eine Krise.
Justiz kämpft weiter – Mafia reagiert mit weiteren Attentaten
Ein Jahr nach dem Attentat hat Italien die Hoffnung nicht verloren: Die Staatsanwaltschaft geht weiter gegen die Mafia vor. Diese reagiert brutal: Mit weiteren Morden und Bombenanschlägen terrorisierte sie Italien.
Der Terror endet überraschend – Mafia wird noch mächtiger
Plötzlich beendet die Mafia ihren Terror. Der Grund bleibt bis heute ein Rätsel. Möglicherweise haben der Staat und die Mafia eine «Waffenruhe» verhandelt. Der Mafia hat das mögliche Abkommen nicht geschadet. Sie ist heute stärker denn je zuvor.
Es ist eine Frage, die Italien seither beschäftigt: Ebenso plötzlich, wie die Mafia in den Neunzigerjahren begann, Attentate zu verüben, hörte sie damit auch wieder auf. Italien fragt sich bis heute: Warum hörte der Terror schlagartig auf?
Prozess soll Vergangenheit beleuchten
Der aktuelle Prozess in Palermo soll Licht in diese Angelegenheit bringen. Kritiker behaupten, der Staat und die Mafia hätten im Juni 1992 eine Art «Waffenruhe» ausgehandelt: Unter anderem sollte der Staat den inhaftierten Cosa-Nostra-Bossen Hafterleichterung gewähren – die Mafia wiederum soll versprochen haben, mit dem Bombenterror aufzuhören. Beweise für diese These gibt es bisher keine.
Wesentliche Ergebnisse unwahrscheinlich
Heute Dienstag sagt Italiens Staatspräsident, Giorgio Napolitano, im Prozess in Palermo aus. Napolitano soll in einem Telefongespräch Mitte der Neunzigerjahre über mögliche Verhandlungen zwischen dem Staat und der Mafia gesprochen haben.
Italien versucht ein normales Land zu werden.
SRF-Italien Korrespondent, Massimo Agostinis, hält es aber für unwahrscheinlich, dass Napolitano nennenswerte Aussagen macht. Agostinis glaubt auch nicht daran, dass der gesamte Prozess viel Licht in die Angelegenheit bringen wird: «Ich glaube nicht, dass man in den nächsten zehn Jahren – solange Zeugen noch leben – wesentliches herauskommt. Höchstens Teil-Wahrheiten.»
Im Prozess in Palermo gehe es nicht um den aktuellen Kampf gegen die Mafia, sagt Agostinis, sondern um die Aufarbeitung: «Italien versucht damit ein normales Land zu werden.» Im Kampf gegen die Mafia stehe Italien schlechter da als noch vor 20 Jahren – die Mafia sei heute deutlich stärker.
(muei)