Die Tat: Während eines Stadtfests im westdeutschen Solingen attackierte ein Mann am Freitagabend mehrere Menschen mit einem Messer. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt, davon mehrere schwer. Am Sonntag hiess es dazu aus dem städtischen Klinikum Solingen, alle Patienten seien «über den Berg». Zeugenaussagen zufolge habe der Täter das Messer aus dem Nichts gezogen. Der Täter wählte die Opfer offenbar willkürlich aus. Im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik am Stadtfest konnte der Täter zunächst fliehen. Die Ermittler gehen von einem Einzeltäter aus.
Der mutmassliche Täter: Am Samstagabend gab der Innenminister des betroffenen Bundeslandes Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul, bekannt, dass der mutmassliche Attentäter festgenommen worden sei. Man habe den ganzen Tag eine heisse Spur verfolgt. «Der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam.» Der 26-jährige mutmassliche Täter hat sich laut Polizei den Ermittlungsbehörden gestellt und befindet sich nun in Untersuchungshaft. Laut Reul haben die Behörden neben einem Hinweis auch Beweisstücke gegen den Verhafteten gefunden.
Hintergründe zum Attentäter
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Wie der «Spiegel» berichtete, kam der Verdächtige Ende 2022 nach Deutschland und stellte einen Antrag auf Asyl. Den Sicherheitsbehörden war er demnach bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt. Diese Informationen wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Eine Abschiebung des Asylbewerbers war 2023 gescheitert.
Das mögliche Motiv der Tat: Der Syrer teile die Ideologie der Terrorvereinigung IS und habe sich ihr zu einem derzeit nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor dem 23. August angeschlossen, heisst es in einer Mitteilung der Bundesanwaltschaft am Sonntag. Wegen seiner radikal-islamistischen Überzeugungen habe er den Entschluss gefasst, auf dem Solinger Stadtfest eine möglichst grosse Anzahl aus seiner Sicht ungläubiger Menschen zu töten, so die Bundesanwaltschaft.
Der Islamische Staat behauptete zuvor in einer Mitteilung über seinen Propaganda-Kanal, der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke aus «Rache für Muslime in Palästina und anderswo» verübt. Der Angriff habe einer «Gruppe von Christen» gegolten. Auch die Düsseldorfer Polizei erhielt nach eigenen Angaben ein angebliches Bekennerschreiben des IS.
Einschätzung des SRF-Fachredaktors für Extremismus
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Europaweit gelte der islamistische Terrorismus derzeit als grösste Gefahr, sagt Daniel Glaus, Fachredaktor für Extremismus bei SRF. «Fachleute sehen dafür verschiedene Treiber. Drei davon: erstens der IS-Ableger in Afghanistan. Er ist offensichtlich in der Lage, auch in Europa potenzielle Attentäter zu rekrutieren. Zweitens ist da auch ein Israel- und Judenhass, der in gewissen Kreisen geradezu kultiviert und angeheizt wird. Und drittens wirken die sozialen Medien als Brandbeschleuniger. Gerade bei Jugendlichen wissen das Ideologen gezielt auszunutzen.»
Die Ermittlungen: Es müsse geprüft werden, ob das IS-Schreiben echt sei, sagte ein Polizeisprecher. Mutmasslich bezieht sich der IS mit der «Rache für Muslime in Palästina» auf den Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas. Weder der IS noch das Terrornetzwerk Al-Kaida haben Bündnisse mit der islamistischen Hamas. Die Form, Inhalt und Sprache würden früheren IS-Schreiben entsprechen. Inzwischen wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft gegen den Tatverdächtigen wegen Mordes und des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermittelt.
Eine der Hauptgefahren für Deutschland
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Die Bundesanwaltschaft ist unter anderem für Taten des islamistisch motivierten Terrorismus zuständig. Generalbundesanwalt Jens Rommel hatte diesen bei der Jahresbilanz seiner Behörde als eine der Hauptgefahren für Deutschland ausgemacht. Von mehr als 700 im vergangenen Jahr eingeleiteten Ermittlungsverfahren aus dem Bereich Terrorismus und Staatsschutz betrafen Rommel zufolge knapp 500 den islamistischen Terrorismus. «Deutschland ist weiterhin Ziel radikalisierter Islamisten», heisst es bei der Bundesanwaltschaft. Das Spektrum reiche vom individuell radikalisierten Täter bis zu konspirativ agierenden Terrorzellen.
Die weiteren Verhaftungen: Am Samstagmorgen ist ein 15-Jähriger festgenommen worden, wie Polizei und Staatsanwaltschaft bekannt gaben. Er gelte nicht als Tatverdächtiger. Nach Zeugenaussagen solle eine Person kurz vor der Tat mit dem Jugendlichen über Absichten gesprochen haben, die zur Tatausführung passen würden, sagte der leitende Oberstaatsanwalt. Am Samstagabend hat die Polizei zudem eine weitere Person in einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen festgenommen. Laut «Spiegel» wurde dieser als mutmasslicher Zeuge vernommen.
Zum 650. Geburtstag der Stadt Solingen hatte am Freitag ein «Festival der Vielfalt» begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In den Strassen erwartete die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war. Die Tat trug sich unmittelbar vor der Bühne zu.
Die Stadt hat die Feier für beendet erklärt und eine Bürger-Hotline für Fragen nach vermissten Angehörigen eingerichtet. Bei der Polizei hätten sich Anfragen besorgter Menschen gehäuft, die wissen wollten, ob ihre Angehörigen unter den Opfern seien.
Philipp Müller, einer der Mitorganisatoren des Stadtfestes von Solingen, berichtete dem «Solinger Tageblatt», wie die Besucherinnen und Besucher am Freitagabend auf die Situation reagierten. Sie hätten der Aufforderung gefolgt, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu geraten. Eine Reporterin der Zeitung schilderte: «Die Stimmung ist gespenstisch.» Binnen weniger Minuten sei die ausgelassene Feierstimmung in Schock umgeschlagen, ihr seien tränenüberströmte Besucherinnen und Besucher entgegengekommen.
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