In Hongkong ist die so genannte Regenschirm-Revolution in Gang. Mit Regenschirmen schützen sich die Demonstranten nicht nur gegen den Regen, sondern auch gegen das Tränengas der Polizei.
Drohung der Eskalation
Auch im Verlauf des Mittwochs – am chinesischen Nationalfeiertag – gingen wieder Tausende auf die Strasse. Doch bisher blieb die Demonstration friedlich.
Die Forderung: Der Hongkonger Regierungschef müsse bis morgen zurücktreten, sonst werde man die Regierungsgebäude besetzten. Allerdings versprachen die Demonstranten auch, keine Gebäude zu besetzen, die für den funktionierenden Alltag wichtig sind.
Die Proteste entzünden sich an der Weigerung der Pekinger Führung, bei der geplanten ersten direkten Wahl 2017 in Hongkong eine freie Nominierung der Kandidaten zu erlauben. Peking gibt sich hart. Das kommunistische Parteiorgan «Volkszeitung» forderte, dass eine Fortsetzung der «illegalen» Proteste nicht zugelassen werden dürfe.
«Momentan ist es immer noch sehr friedlich»
Aktivisten blockierten weitere Hauptverkehrsstrassen der asiatischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole sowie das populäre Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui auf der Halbinsel Kowloon, das auch bei Touristen sehr beliebt ist.
Der Schweizer Journalist Martin Aldrovandi hat sich unter die Demonstranten gemischt. «Momentan ist es immer noch sehr friedlich, obwohl es wieder zu regnen begonnen hat. Die Leute sind immer noch relativ entspannt.»
«Die meisten tragen eine gelbe Schleife, das offizielle Symbol der Bewegung», berichtet er gegenüber SRF. Einige Demonstranten würden Wasser und Verpflegung verteilen.
Mit einem Schweigemarsch begleiteten die Protestierenden die morgendliche traditionelle Flaggenzeremonie, während Regierungschef Leung Chun-ying und Ehrengäste bei einem offiziellen Empfang mit Sektgläsern auf den Nationalfeiertag anstiessen.
Demonstrativ wandten Studentenführer Joshua Wong und andere Aktivisten der Zeremonie den Rücken zu, als die Flaggen Chinas und Hongkongs gehisst wurden.
Der Regierungschef der Sonderverwaltungszone verteidigte das umstrittene Wahlrecht, bei dem die Kandidaten vorgängig von Peking abgesegnet werden müssen. «Es ist besser, ein allgemeines Wahlrecht zu haben, als gar keines», sagte Leung Chun-Ying.
Viel Arbeit für Zensoren
Währenddessen unternimmt die chinesische Zensur grosse Anstrengungen, um die Verbreitung von Nachrichten aus Hongkong in der Volksrepublik zu unterbinden. Der Satellitenempfang des amerikanischen Senders CNN und der britischen BBC wird gestört, wenn sie Berichte zu Hongkong senden.
Erstmals wurde am Mittwoch auch die Webseite der englischsprachigen Hongkonger Zeitung «South China Morning Post» geblockt. In Chinas sozialen Medien werden massenhaft Kommentare zu Hongkong gelöscht. Twitter, Facebook oder Youtube sind in China ohnehin immer gesperrt.
Mit einem seltenen Trojaner für Mobiltelefone griffen vermutlich chinesische Hacker die Demonstranten an. Die Spionagesoftware befalle nicht nur Android-Handys, sondern könne auch das Apple-Betriebssystem iOS infizieren, berichtete das US-Sicherheitsunternehmen Lacoon Mobile Services. Die Angreifer könnten Email, Kurznachrichten, Adressbücher, Anrufdaten, Benutzernamen oder Passwörter lesen. Als Urheber verdächtigten die Experten amtliche chinesische Stellen.
Seit der Rückgabe an China 1997 wird die ehemalige britische Kronkolonie nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenes Territorium autonom regiert. Auch geniesst die asiatische Hafenmetropole Presse- und Meinungsfreiheit.