In Argentinien zeichnet sich eine Ende der Peronisten-Ära ab. Noch im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen lag der Regierungskandidat Daniel Scioli knapp vor dem Herausforderer Mauricio Macri. Doch jetzt sehen die Meinungsforscher den konservativen Bürgermeister von Buenos Aires ziemlich deutlich vorn.
Schwieriger Wahlkampf für Scioli
Es deutet also alles darauf hin, dass der sonst dominierende Peronismus der bürgerlichen Opposition den Vortritt lassen muss. Der Peronist Scioli hatte es im Wahlkampf allerdings nicht leicht. Je stärker er sich mit dem Kirchner-Modell identifizierte, desto mehr liefen ihm die gemässigten Wähler davon. Hätte er sich hingegen auf diese zubewegt, so hätte ihn der Kirchner-Apparat fallen lassen.
Macri zählt dagegen klar zur politischen Rechten. Dennoch hat er es verstanden, sich Richtung politische Mitte zu öffnen. Er verspricht eine politische und wirtschaftliche Wende für Argentinien.
Wende – das ist inzwischen für viele Argentinier ein fast magischer Begriff. Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner nervte die Menschen mit stundenlangen Reden, mit ungewöhnlicher Aggressivität und ihrem Hochmut. Jeder Staatsanwalt, der sich für die wundersame Vermögensvermehrung Frau Kirchners interessierte, wurde sofort abgesetzt. Gewaltentrennung – das war für die Präsidentin immer eine lästige Angelegenheit.
Wirtschaftspolitische Inkompetenz
Obschon Argentinien in den letzten zehn Jahren dank der Rekordpreise für Agrarrohstoffe eine Wirtschaftsblüte erlebte, ist das Land inzwischen wieder nahezu pleite. Die volkswirtschaftlich inkompetente Regierung baute ihr soziales Netz für die Schwachen auch dann noch aus, als die Rohstoffpreise und damit die Hauptfinanzierungsquelle des Staates längst eingebrochen waren. Resultat: Argentinien ist bankrott und 40 Prozent der Argentinier hängen am Tropf der staatlichen Wohlfahrt.
Verliert Kirchners Kandidat Daniel Scioli die Wahl, dann steht der Peronismus vor einer Zäsur. Die Bewegung hätte dann die Chance, populistischen Ballast abzuwerfen und den Führerkult durch ein seriöses Programm zur politischen Vertretung der Unterschicht zu ersetzen.
Auch Argentinien erhielte wie zuletzt 1983 am Ende der blutigen Militärdiktatur wieder eine Chance für eine demokratischere und stabilere Entwicklung. Bis heute hat es nur zwei solcher Momente gegeben, und beide Male verspielten die an die Macht gekommenen Bürgerlichen die Chance.
Entscheidend wird sein, ob der künftige Präsident das nötige soziale Fingerspitzengefühl beim Beseitigen der volkswirtschaftlichen Ungleichheiten aufbringt. Ganz gleich, ob der Neue Macri oder Scioli heisst.