In Washington findet zurzeit eine weitere Anhörung zum Atomabkommen mit Iran statt. Wenn Aussenminister John Kerry und zwei weitere Minister vor einem Kongressausschuss für ihre Sache werben, sind sie nur ein Teil eines viel grösseren und sehr teuren Überzeugungskampfs für und vor allem auch gegen den Atomkompromiss.
Befragt man zurzeit die Politiker in Washington nach dem Druck von Lobbyisten, so wiegeln sie meist ab: Sie bekomme Anrufe von allen Seiten, erklärt etwa die demokratische Senatorin Debbie Stabanow aus dem Bundesstaat Michigan. Festgelegt habe sie sich noch nicht.
Millionenkampagne von AIPAC
Nicht mehr Anrufe oder Besuche als üblich stellt auch der ehemalige Demokrat und heute unabhängige Senator Angus King aus Maine fest. Auch er hat nach eigenen Angaben seine Meinung noch nicht gemacht. Der Republikaner Orrin Hatch aus Utah seinerseits stellt fast ein bisschen indigniert jeglichen Druck in Abrede. Er entscheide, wie er es für richtig halte.
Doch Tatsache ist: Wie bei keiner politischen Frage in jüngster Zeit legen sich Gegner und Befürworter des Atomabkommens ins Zeug. Allen voran die Pro-Israel-Organisationen, die mehrheitlich gegen das Abkommen weibeln. Eine besonders gewichtige Stimme ist die Organisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee).
AIPAC ist mit Lobbyisten im Kongress und steckt auch hinter der steuerbefreiten Organisation «Citizens for a Nuclear Free Iran». Diese hat ein Budget von 20 Millionen Dollar zur Verfügung und schaltet Werbespots in fast allen Bundesstaaten. «Wir wollen einfach die Kongressmitglieder ermuntern, den Vertragstext genau anzuschauen und am Ende dagegen zu stimmen», sagt deren Sprecher Patrick Dorton gegenüber Radio SRF. Es brauche einen anderen, besseren Deal.
Auch «Hausbesuche» gehören dazu
Während Dortons Organisation auf eine Kampagne im Fernsehen und Internet fokussiert, reden andere Organisationen direkt mit den Politikern. So weilten erst kürzlich etwa die Mitglieder der Organisation «Christians United for Israel» in Washington. Eine Dame aus Texas sprach bei ihren beiden Senatoren vor. Das Abkommen mit dem Iran? Sie wolle nichts ins Mikrofon sagen, es sei sowieso nicht sendbar, meinte sie und verdrehte theatralisch die Augen.
Auch Israels Botschafter in Washington, Ron Dermer, ist zusammen mit seinem Lobby-Team fast täglich im Kongress unterwegs. 2,5 Millionen Dollar gab der Staat Israel letztes Jahr laut offiziellen Dokumenten für Lobbying aus.
Alles in allem verfügen die Gegner des Abkommens über eine Kriegskasse von geschätzten 40 Millionen Dollar. Das ist doppelt so viel, wie gegen schärfere Waffengesetze nach der Schiesserei in Sandy Hook ausgegeben wurde.
Pro-Israel-Organisationen, die das Abkommen unterstützen, haben rund zehn Millionen Dollar zur Verfügung, sind aber ebenfalls aktiv. Dazu gehört zum Beispiel «J-Street». Der Kompromiss sei gut für die Vereinigten Staaten und für Israel und erhöhe die Sicherheit in beiden Ländern, heisst es in ihrem Spot. 180'000 Mitglieder, so der Plan, sollen sich bei ihren Abgeordneten in Washington melden und ihnen ein Ja ans Herz legen.
Die Alternative sieht nicht so aus, wie sie in TV-Spots auf unredliche Weise dargestellt wird.
Weitere Basis-Gruppen wie «MoveOn» oder Credo, die Obama unterstützen, wollen ebenfalls ihre Mitglieder mobilisieren. Als Befürworter des Abkommens haben sie die Regierung auf ihrer Seite.
«Die Alternative zum Abkommen sieht nicht so aus, wie sie in TV-Spots auf unredliche Weise dargestellt wird», erklärte Aussenminister John Kerry an einem Senats-Hearing. Dazu hielt er einen Zeitungsartikel hoch: «Lesen sie ihn! Warum der Deal gut ist für Israel, geschrieben von Israeli, die wissen, wovon sie schreiben!»
Die Republikaner werden wohl geschlossen gegen das Abkommen stimmen. Im Fokus der aktuellen Lobby-Arbeit stehen deshalb vor allem Demokraten. Sie sind das Zünglein an der Waage. Die Abstimmung im Kongress ist erst Mitte September. Bis dann werden Gegner und Befürworter des Nuklearabkommens keine Minute pausieren.