SRF: Wie gefährlich schätzen Sie die Lage zurzeit auf der Krim ein?
Alexander Sambuk: Die Lage ist sehr gefährlich. Während in Kiew eine neue Regierung gebildet werden soll, zeigt sich die Krim mit jeder Stunde militanter gegenüber den neuen Machthabern in Kiew.
Russland hat seine Schwarzmeerflotte sowie Truppen auf der Krim stationiert. Glauben Sie an ein militärisches Eingreifen der Russen in der Ukraine?
Ich persönlich und auch viele Beobachter hier in Moskau gehen nicht davon aus. Dafür gibt es ganz pragmatische Gründe: Durch einen militärischen Angriff würde Moskau viel Ansehen in der internationalen Arena verlieren. Zudem würde es für Russland fast unmöglich, die Ukraine in seiner Umlaufbahn zu halten. Denn ein Eingreifen der Russen würde viele jetzt untereinander zerstrittene Oppositionsgruppen in der Ukraine einigen gegenüber der russischen Gefahr.
Kann der aktuelle Konflikt auf der Krim die Ukraine als Staat spalten in einen russischen Osten und einen europäischen Westen?
Theoretisch ja. Vieles hängt davon ab, welchen Kurs die neuen Machthaber gegenüber dem Osten und der Krim einschlagen werden. Ich glaube das beste Rezept, um die Probleme zu entschärfen, wäre die Suche nach einem Konsens – zumindest bis zu den Präsidentenwahlen im Mai. Die Krim müsste mehr reale Autonomierechte erhalten – etwa, dass die Bürger von Sewastopol einen Bürgermeister selber wählen können und für den Posten nicht ein Gesandter aus Kiew eingesetzt wird.
Hat die Übergangsregierung unter dem designierten Übergangspräsidenten Arseni Jazenjuk überhaupt die Kraft, die Ukraine zu einigen und alle die gewaltigen Probleme zu lösen?
Die Regierung ist überfordert, wenn man von ihr alleine die Lösung der politischen und der grossen Wirtschafts- und Finanzprobleme erwartet. Andere Politiker, wie etwa Übergangspräsident Olexander Turtschinow, müssen ihr einen Teil der Last abnehmen und politische Verhandlungen mit potenziellen Abspaltregionen wie der Krim in ihre Hände nehmen.
Das Interview führte Daniel Hofer.