«Alea iacta est» – die Würfel sind gefallen. Mit diesen lateinischen Worten hat ein hochrangiger EU-Diplomat das Resultat der heutigen Sitzung der EU-Kommission gegenüber Radio SRF kommentiert und bestätigt.
Die EU-Kommission hat einen politischen Vorentscheid gefällt und schlägt vor, dass die Äquivalenz für die Schweizer Börse Ende Jahr nicht ausläuft, sondern um weitere sechs Monate verlängert wird. Dieser Vorschlag geht nun an die EU-Mitgliedstaaten. Sie müssen dem noch ihren Segen erteilen.
Am kommenden Montag soll der definitive Entscheid fallen. Es ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten damit einverstanden sind. Als Alternative bleibt bloss das Ende der Börsenäquivalenz und das ist zum jetzigen Zeitpunkt keine wirkliche Option. Das aus zwei Gründen.
Erstens: Zwar hat die EU-Kommission in den Tagen und Wochen vor dem Bundesratsentscheid vom letzten Freitag massiv Druck gemacht. Sie forderte ultimativ eine Unterschrift unter das Rahmenabkommen noch vor Ende Jahr, ansonsten werde die Börsenäquivalenz nicht verlängert. Doch auch die EU-Kommission weiss, dass Konsultationsverfahren – wie vom Bundesrat beschlossen – zum politischen Geschäft gehören. Wenn sie das einfach übergehen würde, wäre das eine weitere Eskalation des ganzen Konfliktes.
Der Plan B zeigt Wirkung
Zweitens: Die EU-Kommission weiss, dass sie den Entscheid, die Börsenäquivalenz nicht zu verlängern, eigentlich nur einmal fällen kann. Der Zeitpunkt des Entscheids muss also ganz bewusst gewählt werden. Denn ohne Äquivalenz würden zwar Börsengeschäfte aus der Schweiz abwandern. Gleichzeitig würde dann aber der Plan B des Bundesrates greifen.
Damit sollen Geschäfte mit Schweizer Aktien aus dem EU-Raum in die Schweiz verschoben bzw. gezwungen werden. Aber niemand weiss genau, wie sich die Marktakteure verhalten würden und ob das einfach wieder rückgängig gemacht werden könnte, sollte die EU der Schweizer Börse die Äquivalenz zu einem späteren Zeitpunkt wieder erteilen.
Druck beim Rahmenabkommen bleibt erhalten
Deshalb muss die EU-Kommission damit rechnen, dass sie dieses Instrument – die Nichterteilung der Börsenäquivalenz – nur ein Mal einsetzen kann, und dass dieses Druckmittel danach ausgespielt hat. Die EU-Kommission muss den Zeitpunkt also ganz genau wählen.
Nun wartet sie noch zu und schlägt im Grundsatz eine weitere Verlängerung um sechs Monate vor. Eigentlich erfüllt die Schweizer Börse die erforderlichen Kriterien für eine unbefristete Äquivalenz, aber sie bleibt so das politische Druckmittel.
Und in einem halben Jahr stehen beide Seiten, die Schweiz und die EU, wieder vor der gleichen Situation. Damit ist zwar Zeit gewonnen für die interne Debatte in der Schweiz. Aber der Druck auf die Schweiz bleibt, das Rahmenabkommen doch noch zu unterschreiben.