Bei einem Brand auf einer Fähre im Mittelmeer ist mindestens ein Mensch ums Leben gekommen. Der Mann sei vermutlich beim Sprung von Bord umgekommen, teilte die italienische Küstenwache mit. Hunderte Menschen sassen auf der brennenden Fähre fest. Sturmböen und hoher Wellengang behinderten die Rettung der 478 Menschen an Bord.
Noch über 300 Menschen an Bord
Die Lage auf der in Brand geratenen Autofähre «Norman Atlantic» im Mittelmeer ist nach Auskunft der Chartergesellschaft Anek am Abend jedoch unter Kontrolle gebracht worden. Nunmehr gebe es «nur noch Rauch», sagte ein Anek-Sprecher der griechischen Nachrichtenagentur ANA.
Als Zeitpunkt, zu dem der Brand unter Kontrolle gebracht wurde, nannte der Sprecher 19.30 Uhr (MEZ). Die noch an Bord befindlichen Menschen sollte mit Strickleitern in Sicherheit gebracht werden, kündigte der Sprecher an. Das Stabilisieren der Autofähre sei noch nicht gelungen. Vielmehr sei eine Vertäuung an einem Schlepper wieder zerrissen. Nach den jüngsten Angaben der italienischen Küstenwache waren am Abend noch 317 Menschen an Bord.
Unter den Passagieren der griechischen Fähre befanden sich zehn Schweizer Staatsangehörige. Bis zum späteren Nachmittag konnten sich nach Angaben des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sechs von ihnen auf einem Rettungsschiff in Sicherheit bringen. Das EDA bleibe in Kontakt mit den griechischen und italienischen Behörden.
Schlechte Bedingungen für die Helfer
Insgesamt befanden 422 Passagiere und 56 Crewmitglieder auf dem Schiff. Dieses war auf dem Weg von Patras in Griechenland nach Ancona in Italien. Nachdem es nach einem Zwischenstopp die Insel Korfu passiert hatte, funkte die Besatzung am Morgen gegen 3 Uhr «S.O.S», da auf einem der Autodecks ein Feuer ausgebrochen war.
Die Retter kamen bei stürmischem Wind und Wellen kaum voran und konnten zunächst nicht an Bord. Bis zum Nachmittag konnten nach Angaben der griechischen Küstenwache mehr als 130 Menschen gerettet werden, darunter eine Schwangere und mehrere Kinder.
Rettung aus der Luft
Am Nachmittag begann dann die Rettungsaktion aus der Luft. Helikopter holten Passagiere paarweise von der «Norman Atlantic», wie die Behörden mitteilten. Die Menschen wurden demnach auf ein in der Nähe kreuzendes Schiff geflogen. Die Teams arbeiteten unter Hochdruck, um noch vor Einbruch der Dunkelheit möglichst viele Menschen in Sicherheit zu bringen.
Nach Angaben des italienischen Marinesprechers Riccardo Rizotto waren vier Helikopter im Einsatz. Das manövrierunfähige Schiff treibe in Richtung der albanischen Küste. «Die Wetterbedingungen sind so schlecht, dass wir aussergewöhnlich viele Rettungskräfte brauchen», sagte er.
Dramatische Szenen an Bord
Der Grund für den Brandausbruch ist noch unklar. Ungenaue Angaben gab es darüber, ob der Brand unter Kontrolle sei oder nicht.
Das Feuer breitete sich schnell über das Schiff aus, Augenzeugen schilderten griechischen Medien die Hitze und die Verzweiflung an Bord. «Der Boden brannte, als wir zum Rettungsboot gingen», sagte eine Frau, die gerettet wurde, dem Radiosender Skai. Ein anderer Reisender berichtete nach seiner Rettung: «Unsere Schuhsohlen begannen zu schmelzen.»
Im Verlauf der schwierigen Rettungsaktion sind auch Fragen zum Zustand der Fähre aufgetaucht. Schwere Vorwürfe erhebt im Radiosender Skai der Spediteur Panagiotis Panagiotopoulos, der zwei seiner Fahrer auf der Fähre hat. Er habe sich am Vorabend mit der Reederei gestritten, weil die Fähre nicht geeignet sei. «Das ist verantwortungslos!»
Und unter anderem berichtet die griechische Zeitung «Efimerida ton Syntakton» in ihrer Online-Ausgabe, dass bei einer Inspektion am 19. Dezember zahlreiche Mängel an dem Schiff festgestellt worden seien.
Unter anderem wurden die Dichtungen, die Rettungsmittel und die Notbeleuchtung bemängelt. Vor allem habe das Schiff aber keinen klaren Rettungsplan gehabt. Die Mängel hätten binnen 15 Tagen behoben werden sollen.
Gemäss SRF-Korrespondent Philipp Zahn waren die LKW im Ladedeck nicht richtig gesichert. Beim schweren Seegang könnte so bei einer Kollision das Feuer ausgebrochen sein.