Die Trumans haben nie über die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki gesprochen, die je nach Schätzungen bis zu 200‘000 Menschen das Leben gekostet haben. Auch Grossvater Harry S. und Enkel Clifton Truman Daniel nicht. «Ich war 15 Jahre alt, als mein Grossvater starb. Ich habe im Geschichtsunterricht von den Bomben erfahren. Zuhause waren sie nie ein Thema», sagt der inzwischen 58-jährige Enkel.
Kein Wort über die Atombombe
Der Grossvater habe nichts erzählt, er selber diesen auch nichts gefragt. Daniel muss zugeben, dass dies heute erstaunlich erscheint. Die Familie habe eben keinen grossen Wirbel um die Tatsache machen wollen, dass der Opa mal US-Präsident gewesen war, begründet er die Tabuisierung des Themas – ein etwas gewagter Erklärungsversuch.
Zu einem Gesprächsthema wurden die Atombomben erst viele Jahre später, als Daniels eigener Sohn das Kinderbuch «Sadako und die 1000 Kraniche aus Papier» las. Es erzählt die Geschichte eines Mädchens aus Hiroshima, das 1945 zwei Jahre alt war. Es faltete mehr als 1000 Kraniche aus Papier, weil die Legende besagt, dass sich so alle Krankheiten besiegen lassen. Dennoch starb Sadako 1955 an Leukämie.
«Die Zeit blieb irgendwie stehen»
Clifton Truman Daniel nahm Kontakt mit Sadakos Bruder auf und traf ihn 2010 in New York. Er schenkte Daniel den letzten Papierkranich, den Sadako gefaltet hatte – eine unerwartete Geste.
«Ich kann das nur so beschreiben: Die Zeit blieb irgendwie stehen. Ich sass da, hatte den Papierkranich und realisierte, das ist das letzte, was Sadako in ihrem kurzen Leben getan hat.» Das Gefühl sei schwierig zu beschreiben.
2012 besuchte der Truman-Enkel Hiroshima und Nagasaki. «Wir haben uns mit rund zwei Dutzend Überlebenden getroffen.» Sie hätten erzählt, man habe zugehört. Die Reaktionen in Japan seien mehrheitlich positiv gewesen, auch in den USA habe es fast keine negativen Reaktionen gegeben.
«Viele Medien wollten wissen, ob der Besuch eine Entschuldigung sei. Das war er natürlich nicht.» Er habe die Gelegenheit erhalten, etwas zur Versöhnung und Völkerverständigung beizutragen. Mit dem Familienerbe sei auch eine Verantwortung verbunden, sagt Daniel heute.
Engagiert gegen Atomwaffen
Daniel begrüsst es, dass Präsident Barack Obama jetzt Hiroshima besucht. Wichtig sei, dort der Opfer zu gedenken und zugleich die Gegenwart nicht aus den Augen zu verlieren.
Denn das nukleare Arsenal auf der Welt ist heute bedeutend grösser als zu Zeiten von Präsident Harry S. Truman. Dies sei eine grosse Gefahr, über die man kaum spreche. Atomwaffen sollten vernichtet werden, findet der Enkel des früheren Präsidenten.
Die Abschaffung der Atombomben sei eine schwierige Aufgabe, gewiss, aber Atomwaffen brächten nur Verderben. Er sei froh, dass er mit Auftritten und Vorträgen immer wieder auf diese Gefahr hinweisen könne, sagt Daniel.