«Probleme? Das Land ist voller Probleme», sagt der 25-jährige Mohammed. Mitten in Kairo erstreckt sich ein Labyrinth von engen Gassen. Bulaq heisst das Quartier. Eisenwarenhändler und Schmiede haben ihre Ateliers hier.
«Das wichtigste der unzähligen Probleme, es gibt kaum Jobs, am wenigsten für Junge», sagt Mohammed, doch die Jungen machen in Ägypten die Hälfte der Bevölkerung aus.
Vieles ist teurer geworden
Hakim, der Schmied, klagt über die Inflation. Der Ginnieh, das ägyptische Pfund, ist gegenüber dem Dollar weiter abgerutscht. Ägypten importiert weit mehr, als es zu exportieren vermag. Das zeigt sich auch in den Geschäften in Bulaq. Vieles ist teurer geworden.
Bulaq liegt nicht weit vom Tahrirplatz, war seit den Massenprotesten in dauerndem Aufruhr. Heute ist es ruhig im Quartier. Das ist gut fürs Geschäft.
Schwaches Wirtschaftswachstum
Auf der anderen Nilseite sitzt der Wirtschaftsexperte Ahmed Galal in seinem Büro. «Das Wirtschaftswachstum ist noch schwach, hat sich aber verdoppelt gegenüber dem Tiefpunkt der Krise», sagt Galal.
Die Arbeitslosigkeit sei leicht zurückgegangen, das Budgetdefizit auch. Es gebe weniger Streiks. Ein Teil der Entwicklung nimmt der Ökonom Galal für sich selbst in Anspruch. Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mursi war Galal kurzzeitig Finanzminister im ersten Expertenkabinett von General Sissi.
Er versuchte, mit staatlichen Anschubprogrammen die Wirtschaft vom toten Punkt zu holen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate schossen Milliardenkredite ein. Gleichzeitig legte Galal einen Plan vor, um die Subventionen zu kürzen, die nach dem Giesskannenprinzip ausgeschüttet werden und ein riesiges Loch in die Staatskasse reissen.
Am meisten profitieren die Reichen
Berühmt ist das Beispiel des verbilligten Treibstoffs. Ägypten gab für Energiesubventionen viermal so viel aus wie für das gesamte Gesundheitswesen, sagt Galal. «Am meisten profitierten davon die Reichen mit ihren Luxuskarossen. Der Plan war fixfertig in der Schublade. Umgesetzt wurde erst ein Bruchteil davon.»
Für Aufsehen sorgte Präsident Sissi stattdessen mit nationalistischen Megaprojekten, einem neuen Suezkanal, spektakulären Plänen für neuen Städte in der Wüste. «Den Suezkanal kann ich nicht essen», klagt einer der Arbeiter vor dem Kompressorenatelier in Bulaq. «Aber unsere Kinder werden davon profitieren», entgegnet der Eisenhändler.
Politischer Elan ist erlahmt
«Wichtig sei nicht die Momentaufnahme», entgegnet der Ökonom Galal diplomatisch. Er bleibe Optimist. Ägypten habe wieder stabile Institutionen. So unvollkommen die seien, es gebe eine gut ausgebildete neue und kritische Generation, die nicht zulassen werde, dass das Land in die alten Muster zurückfalle.
In der Eisengasse von Bulaq aber ist der politische Elan erlahmt. «Die Leute sind müde», sagt Ali. Ihre Zukunftshoffnungen bleiben noch sehr vage.