Erste Station: Strassburg
Am Mittag wehen die Flaggen in Strassburg auf halbmast. Vorsichtig setzen die Offiziere des Wachbataillons der deutschen Bundeswehr den Sarg in der Mitte des EU-Parlaments ab. Er ist eingehüllt in die Europa-Flagge mit den gelben Sternen. Das Uni-Orchester der Stadt stimmt den Trauermarsch von Georg Friedrich Händel an.
Der Tag wird in die Geschichte eingehen. Es ist der erste Trauerakt der EU für einen grossen Politiker aus ihren Reihen: Für Helmut Kohl, den deutschen Altkanzler, Kanzler der Einheit, den grossen Europäer. Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sind gekommen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Darunter sind viele Wegbegleiter aus seiner langen politischen Karriere.
Einige Male wird es in der eher nüchternen Umgebung des Plenarsaals emotional, etwa als der frühere US-Präsident Bill Clinton redet. Und als Kanzlerin Angela Merkel über die Witwe Maike Kohl-Richter sagt, diese habe den Altkanzler «voller Hingebung und Liebe begleitet bis zuletzt». Da muss Kohl-Richter schlucken.
Zweite Station: Ludwigshafen
Am Stadtrand von Ludwigshafen landet um kurz nach 14.00 Uhr der erste Helikopter auf dem Gelände der Autobahnpolizei. Als Kohl Kanzler war, landete dort auch immer sein Helikopter auf dem Heimweg in den nahen Stadtteil Oggersheim. Nun startet von diesem Platz ein Konvoi aus mehreren Fahrzeugen, darunter der Leichenwagen mit dem Sarg, in Richtung Innenstadt.
Dort stehen die Menschen stellenweise in mehreren Reihen am Strassenrand, um Abschied von «ihrem» Altkanzler zu nehmen. Menschen aller Altersklassen sind gekommen, auch viele junge Leute, doch am Ende schätzt die Polizei ihre Zahl insgesamt auf lediglich 1000. Viele filmen und fotografieren mit dem Handy.
«Wäre er nicht gewesen, würde ich immer noch hinter der Mauer leben», sagt ein 47-Jähriger, der nach dem Fall der Mauer vom damaligen Ost- nach Westdeutschland zog. Zügig fährt der Konvoi vorbei, einige Wartende applaudieren und werfen Blumen in Richtung des Leichenwagens, der schon kurz danach Ludwigshafen verlässt und in Richtung Rhein unterwegs ist.
Dritte und letzte Station: Speyer
In Speyer warten am Rhein schon mehrere Hundert Bürger. «Danke Helmut. Herzlich willkommen zurück in Speyer», hat ein 48-jähriger Speyerer mit roter Farbe auf ein Leintuch geschrieben. «Es gibt hier viele in Speyer, die schimpfen über den Trauerakt und sagen, das kostet doch so viel», sagt der Mann. Doch Kohl habe die deutsche und europäische Einheit gebracht – und das könne man «gar nicht hoch genug hängen».
Die Speyerer Innenstadt wird schon ab Mittag abgesperrt. Der Dom ist für 1500 geladene Gäste reserviert. Draussen ist eine Leinwand für die Liveübertragung aufgebaut, es ist windig und es nieselt. Mehrere hundert Menschen kommen zusammen, um die Übertragung des Requiems zu verfolgen.
Der Speyrer Bischof Karl-Heinz Wiesemann erinnert im Trauergottesdienst an Kohls Lebenswerk: «Wir nehmen Abschied von einem wahrhaft grossen Staatsmann.» Nach einem militärischen Zeremoniell wurde er am Abend im engsten Familienkreisauf auf einem nahegelegen Friedhof beigesetzt.