Der Bundestag hat ein Gesetzespaket verabschiedet, das es erlauben soll, abgewiesene Asylbewerber künftig konsequenter und schneller abzuschieben: «Menschen, die wirklich Schutz benötigen, sollen Hilfe erhalten und in die Gesellschaft integriert werden», sagte Innenminister Thomas de Maizière.
Wer aber nicht wirklich auf Schutz angewiesen sei oder sogar «täusche, trickse und sich strafbar mache», der solle härter angepackt werden als bisher.
Härteres Regime gegen «Gefährder»
SRF-Korrespondent Adrian Arnold sieht im Gesetzespaket mehr als eine Revision des Asylrechts: «Es geht nicht in erster Linie darum, Abschiebungen zu beschleunigen. Es geht vor allem darum, Abzuschiebende besser überwachen zu können».
Was im Kleid eines verschärften Asylrechts daherkommt, erinnert eher an eine Anti-Terror-Gesetzgebung:
- Asylsuchende ohne Bleibeperspektive können künftig verpflichtet werden, bis zum Ende ihres Verfahrens in ihrer Erstaufnahmeeinrichtung zu bleiben.
- Die Abschiebehaft für sogenannte «Gefährder» – also Personen, denen die Behörden Anschläge oder andere schwere Straftaten zutrauen – wird ausgeweitet: Sie können nun auch mit Fussfessel überwacht werden.
- Neu können die Behörden auf sämtliche Handydaten von Asylbewerbern zurückgreifen, welche keine Ausweispapiere bei sich haben.
Vermeidbare Fehler oder fehlende Gesetze?
Das Gesetzespaket sei im Kern eine Reaktion auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt von letztem Jahr, sagt Arnold.
Der Täter war den Behörden als Gefährder bekannt und hätte bereits abgeschoben werden sollen: «Aus all den Fehlern und Unterlagen hat der Bundestag nun das Gesetzespaket geschnürt», bestätigt der SRF-Korrespondent.
Ein Sammelsurium flüchtlingsfeindlicher Schweinereien.
Heribert Prantl, Inlandchef der «Süddeutschen Zeitung» zweifelt im Gespräch mit SRF News am Sinn des Unternehmens: «Der Attentäter von Berlin hätte mit den geltenden Gesetzen gefasst werden können.» Der Anschlag sei auf mangelnde Zusammenarbeit der Behörden zurückzuführen, nicht auf zu lasche Gesetze.
Heftige Kritik von der Opposition
In der grossen Koalition sind die Massnahmen grösstenteils unumstritten. Anders sieht es bei der Opposition, aber auch Hilfs- und Kirchenorganisationen aus, schildert Arnold: «Sie alle üben heftigste Kritik an der Verschärfung: Sie sprechen vom ‹gläsernen Flüchtling›, von Entrechtung der Schutzsuchenden, von Generalverdacht.»
Eine noch härtere Rhetorik bemühte Ulla Jelpke, eine Abgeordnete der «Linke»: Sie bezeichnete das Gesetz als «Sammelsurium flüchtlingsfeindlicher Schweinereien». Die Wogen in der deutschen Flüchtlingsdebatte gehen also weiter hoch; doch die Entwicklung zeige, so Arnold, welch radikalen Sinneswandel die Bundesregierung vollzogen habe: «Von der Willkommenskultur hin zu einer Abschiebekultur.»
Demonstrative Härte im Wahljahr
Prantl bestätigt: «Deutschland setzt anstelle von ‹Wir schaffen das!» ein ‹Wir schaffen aus!›» Das Ziel der Massnahmen sei auch, Flüchtlinge abzuschrecken: «CDU, CSU und SPD wollen den Erfolg rechtspopulistische AfD stoppen. Das gelingt ja auch bereits.»
Zur Abschreckungspolitik gehörten auch «plakative Ausschaffungen» nach Afghanistan: «Flüchtlinge werden schnell eingesammelt und weggeflogen: Das sind nicht nur Abschiebeflüge, das sind Wahlkampfflüge.»
«In Deutschland ist Wahlkampf, und das Thema Sicherheit ist eines der Steckenpferde der CDU», schliesst SRF-Korrespondent Arnold. Merkels Partei werde sich denn auch bemühen, die Effizienz der Massnahmen so schnell wie möglich mit Zahlen zu belegen.