Ein Millionenpublikum vor dem Fernseher und zwei Spitzenpolitiker, die Rede und Antwort standen. Für CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihren Herausforderer Peer Steinbrück von der SPD war das TV-Duell die einzige Möglichkeit, sich in einem Rededuell zu profilieren. Gemäss den unterschiedlichen Expertenberichten vermochte weder Merkels noch Steinbrücks Auftritt jedoch, deutliche Spuren zu hinterlassen. «Zu sachlich», bis auf wenige Ausnahmen «ohne Highlights» oder schlichtweg «langweilig» lauteten die Verdikte der Experten.
Steinbrück klagt an
Spannend wurde es zuweilen, als Steinbrück Merkel Wahlkampf-Ankündigungen ohne inhaltliches Fundament vorwarf: «Das sind ja alles schöne Schachteln, die Frau Merkel ins Schaufenster gestellt hat», sagte der SPD-Politiker. «Mich bewegt die Vorstellung von einem Land, das aus dem Stillstand herauskommt», so der SPD-Politiker.
Er forderte die Deutschen auf, sich von Merkel nicht einlullen zu lassen. Sie sitze viele Probleme aus: «So kann man Zukunft nicht gewinnen», sagte Steinbrück.
Merkel verteidigt ihre Politik
Die CDU-Chefin liess das nicht auf sich sitzen und konterte: «Wir haben gezeigt, dass wir es können.» Bei der Wahl am 22. September gehe es um die Frage: «Wem können die Menschen mehr vertrauen, dass es Deutschland weiter gut geht?»
Den Menschen gehe es besser als vor vier Jahren. Die christlich-liberale Regierung habe vor allem die Euro-Schuldenkrise gut gemeistert. «Deutschland ist Wachstumsmotor und Stabilitätsanker», sagte Merkel. Zuvor sagte sie bereits: «Was wir (finanzpolitische Koalition) gemacht haben in den vergangenen vier Jahren, ist ja relativ sensationell.»
Merkel betonte, sie wolle die Koalition mit der FDP in den nächsten vier Jahren fortsetzen.
Nach dem TV-Duell zeigte sich die Kanzlerin gelassen. Zu SRF-Korrespondent Stefan Reinhart in Berlin sagte sie: «Ich bin zufrieden. Ich glaube, es war für alle Menschen in Deutschland wichtig zu schauen, wie die unterschiedlichen Konzepte sind.»
Worum geht es den beiden?
In der Syrienkrise waren sich Steinbrück und Merkel einig: Ein internationales Mandat für eine Reaktion auf den mutmasslichen Giftgaseinsatz des Assad-Regimes sei notwendig. Beide betonten: Deutschland werde sich nicht beteiligen.
Eine Antwort der Staatsgemeinschaft sei aber notwendig. «Das ist ein wahnsinniges Verbrechen», sagte Merkel und ergänzte: «Es muss ein politischer Prozess in Gang kommen.»
In der NSA-Ausspähaffäre erhob Steinbrück erneut den Vorwurf, Merkel habe ihren Amtseid verletzt, Schaden für die Bundesrepublik abzuwenden. Das millionenfache Abfischen von Daten durch den US-Geheimdienst National Security Agency sei nach wie vor ungeklärt.
Die Kanzlerin betonte, sie habe keinen Anlass, den Versicherungen der USA und Grossbritanniens zu misstrauen, die Geheimdienste beider Länder hielten sich an deutsches Recht. Natürlich sei aber Vertrauen durch die Vorgänge um die NSA verloren gegangen, räumte Merkel ein.
Zuschauer hin- und hergerissen
Während die Zuschauer der ARD fanden, der SPD-Kanzlerkandidat habe das Duell für sich entschieden: 49 Prozent fanden ihn überzeugender als seine Kontrahentin Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin sahen 44 Prozent als Siegerin.
Anders sieht dies das ZDF: Laut der Forschungsgruppe «Wahlen für das ZDF» ist Merkel für 40 Prozent der Befragten als Siegerin aus dem TV-Duell hervorgegangen. 33 Prozent fanden Steinbrück besser. 27 Prozent der Zuschauer konnten keinen Gewinner ausmachen konnten. Ähnlich empfanden es jene Personen, die das Duell auf RTL mitverfolgten. Wer also genau vorne lag, ist nicht klar. Klar ist: Es war knapp.
Umfragen für CDU
In den Umfragen liegen Merkels Christdemokraten weit vor Steinbrücks Sozialdemokraten. Für die Regierungskoalition insgesamt ergab sich zuletzt ein hauchdünner Vorsprung vor der Opposition aus SPD, Grünen und Linkspartei.