Der kurdische Name «Peschmerga» heisst übersetzt in etwa «Die dem Tod ins Auge Sehenden». Ein Name, der die Lage der Kämpfer auch heute treffend umschreibt: Seit Monaten kämpfen die Peschmerga im Norden des Irak gegen die brutalen Terrormilizen des Islamischen Staats (IS). Inzwischen konnten die Peschmerga wichtige Erfolge erzielen.
Ihr Ursprung
Die Entstehung der Peschmerga geht auf das Osmanische Reich zurück. Um 1890 herum entstand die kurdische Unabhängigkeitsbewegung, deren bewaffneter Arm «Peschmerga» genannt wurde. In den nächsten Jahrzehnten entwickelten sich die Stammeskämpfer zu Soldaten der Kurdenparteien. Sie waren an ihrer typischen Kleidung – breite Hosen, ein breiter Gurt und ein Turban – leicht zu erkennen.
Ihr Tiefpunkt
Während des Golfkrieges verbündeten sich Kämpfer der Peschmerga mit dem Iran, um ihr Einflussgebiet im Nordirak auszuweiten. Saddam Hussein antwortete mit aller Kraft. Der irakische Diktator verübte zwischen 1988 und 1991 ein regelrechtes Massaker an den Kurden. 180'000 Menschen wurden getötet – viele von ihnen teilweise durch Hinrichtungen und Giftgasangriffe. Tausende wurden deportiert.
Ihre Verstärkung
Um sich besser gegen den Diktator Saddam Hussein wehren zu können, nehmen die Peschmerga seit 1996 auch Frauen in ihre Truppen auf. Im Kampf gegen Saddam Hussein spannten die Kurden noch vor der Invasion 2003 mit den USA zusammen. Beim Sturz des irakischen Diktators spielten sie eine entscheidende Rolle. Danach verpasste es die neue Regierung in Bagdad allerdings, die Kurden politisch einzubinden. Der Norden des Landes kapselte sich immer mehr ab. Die Peschmerga wuchsen in dieser Zeit mehr und mehr zu einer klassischen Armee zusammen.
Ihr Feind heute: IS
Nach und nach rückte die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) im Nordirak ein. Im Juni 2014 gaben die irakischen Truppen das Gebiet kampflos auf. Die Peschmerga griffen selbst zu den Waffen. «Eigentlich sind die Kurden nicht der Erzfeind des IS», erklärte der Islam-Experte Reinhard Schulze in der SRF-Sendung «Kontext». Doch sie seien vor Ort. «Zudem sind sie in den Augen der Islamisten typische Abtrünnige, da sie sich zunehmend als Kurden verstehen und islamische Traditionen in den Hintergrund rücken.» Insbesondere die Jesiden würden als ungläubig gesehen, was sich auf die kurdische Gemeinschaft übertrage.
Ihre Verbündeten
Die Peschmerga gingen aus bewaffneten Einheiten mehrerer kurdischer Parteien hervor. Unabhängig von ihnen operieren die Einheiten der PKK, der Arbeiterpartei Kurdistans in der Türkei, die dort verboten und im Westen als Terrororganisation eingestuft ist. Experten gehen davon aus, dass die PKK zum einen mit den Peschmerga, zum anderen mit den syrischen Kurden kooperiert. Deren so genannte Volksschutzeinheiten kämpfen im Norden Syriens gegen die IS-Extremisten.
Ihre Ausrüstung
Je nach Quelle gehören den Peschmerga 130'000 bis 200'000 Kämpferinnen und Kämpfer an. Sie haben ihre altmodische Kleidung inzwischen gegen Militäruniformen eingetauscht. Militärisch sind sie allerdings schlecht ausgerüstet. In ihrem Besitz sind zumeist ältere tschechische und sowjetische Waffen, während der IS mit moderner Technik kämpft. Dennoch können die Kurden dem IS die Stirn bieten, sagt Islam-Experte Reinhard Schulze: «Sie haben den strategischen Vorteil, dass sie die Bergregion kontrollieren.» Dort hätten die IS-Kämpfer weniger Mobilität. «Zudem verfügen sie über eine gute Ausbildung.»
Der Westen
«Viele der kurdischen Führungseliten sind im Westen ausgebildet worden – auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz», sagt Reinhard Schulze. Die Kurden würden deshalb als westliche Gemeinschaft verstanden. Mittlerweile unterstützen viele Staaten die Peschmerga mit Waffenlieferungen, darunter Deutschland. Schickt ein Land Waffen, so wird eine kämpfende Partei im Grunde als souveräner Staat anerkannt. Das sagt der Islam-Experte Schulze. «Es wird nicht mehr lange dauern, dann ist Kurdistan als Staat international auf der Bühne.» Westliche Partner fürchten allerdings, die Waffen könnten auch in die Hände der PKK gelangen.
Ihr Traum
Mit dem Einsatz und den wachsenden Erfolgen der Peschmerga gegen den IS gewinnt die Debatte um ein unabhängiges Kurdistan wieder an Aktualität. Der Irak ist zerstritten wie nie und droht zu zerfallen. Die Kurden haben sich in den vergangenen Jahren organisiert: Es gibt einen Präsidenten, eine Verfassung, ein Parlament. Zudem verfügt Kurdistan über Erdöl – insbesondere im umkämpften Gebiet bei Kirkuk. Am Ende könnte der 120 Jahre alte Traum der Kurden von einem eigenen Staat vielleicht in Erfüllung gehen.