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«Ernsthafte Folgen»
Aus Tagesschau vom 02.06.2016.
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International Diplomatische Krise nach Armenien-Resolution im Bundestag

Harsche Reaktion aus Ankara: Nachdem der Deutsche Bundestag das Massaker an Armeniern als Völkermord eingestuft hat, zieht die Türkei ihren Botschafter aus Berlin zu Konsultationen zurück.

Die Türkei ruft als Reaktion auf die Armenien-Resolution des Bundestages ihren Botschafter aus Berlin zurück. Der Botschafter werde zu Beratungen nach Ankara reisen. Dies teilte Ministerpräsident Binali Yildirim nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit. In einer Rede in Ankara sprach er von einer «rassistischen armenischen Lobby», die für die Entscheidung verantwortlich sei.

Zudem wurde der Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Ankara ins Aussenministerium einbestellt.

«Schäden drohen»

In einer ersten Reaktion sagte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, die Armenien-Resolution werde «ernste» Folgen für die Beziehungen der beiden Länder haben. Es drohe ein Schaden in den «diplomatischen, wirtschaftlichen, geschäftlichen, politischen und militärischen Beziehungen» zu Deutschland.

Erdogan bestätigte während eines Besuches in Kenia den Rückruf des Botschafters. An einer Pressekonferenz in Nairobi sagt er, er habe wegen der Bundestags-Resolution mit Yildirim telefoniert. Nach seiner Rückkehr in die Türkei werde über die Angelegenheit beraten werden.

Wohl keine Konsequenzen für Flüchtlingsdeal

Dass Erdogan nun den Flüchtlingsabkommen mit der EU platzen lässt, glaubt Ruth Bossart, SRF-Korrespondentin in Istanbul, aber nicht. «Sein Premierminister hat mehrfach bestätigt, dass dieser Pakt mit der EU abgeschlossen worden ist und nicht mit Deutschland. Ergo: Das Abkommen steht nach der Armenien-Resolution eigentlich nicht zur Disposition.»

Fakt sei aber, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wichtigster Ansprechpartner im Vertrag ist. «Dieser steht ja schon heute auf wackligen Füssen. Da sind natürlich getrübte türkisch-deutsche Beziehungen wenig hilfreich.»

Resolution einstimmig angenommen

Kanzlerin Merkel betonte heute ihrerseits die engen Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei. Auch wenn man in einer Frage unterschiedlicher Meinung sei, so seien doch die freundschaftlichen und strategischen Beziehungen gut, sagte die Kanzlerin in Berlin. Die Bundesregierung wolle den Dialog zwischen der Türkei und Armenien fördern.

Tweet der Bundesregierung

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier äusserte die Hoffnung, dass sich aus der Resolution keine dauerhafte Belastung im Verhältnis zur Türkei entwickelt. Steinmeier sprach von einer «unabhängigen Entscheidung des Bundestags», auf die die Türkei «erwartungsgemäss» reagiert habe. «Ich hoffe, dass es uns gelingt, die nächsten Tage und Wochen miteinander so zu gestalten, dass es zu keinen Überreaktionen kommt.»

Der Bundestag hatte am Mittag die seit Wochen diskutierte Armenien-Resolution nahezu einstimmig verabschiedet. In der von Union, SPD und Grünen getragenen Erklärung wird die Ermordung von bis zu 1,5 Millionen Armeniern während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnet.

«Historischer Fehler»

Der türkische Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus nannte die Verabschiedung der Völkermord-Resolution zu den Massakern an den Armeniern im Bundestag einen «historischen Fehler».

Für die Türkei ist diese Entscheidung nichtig.
Autor: Numan Kurtulmus Vize-Ministerpräsident

«Als Türkei werden wir auf diese Entscheidung natürlich auf jeder Plattform die nötige Antwort geben», teilte Kurtulmus auf Twitter mit. Die Verabschiedung der Resolution passe nicht zur Freundschaft zwischen der Türkei und Deutschland. Die Resolution sei «verzerrt und haltlos».

Türkei «leugnet weiter»

Armenien hingegen begrüsste die Bundestags-Resolution. Deutschland und Österreich als ehemalige Verbündete des Osmanischen Reiches hätten ihren Teil der Verantwortung am Völkermord an den Armenieren anerkannt, sagte Aussenminister Edward Nalbandian. Dagegen leugne die Türkei weiter «hartnäckig die unbestreitbare Tatsache des Genozids durch das Osmanische Reich».

Die Rolle des Botschafters im diplomatischen Konflikt

Einladung Eine Einladung des Botschafters ist die sanfteste Form der Kritik. Dieser wird höflich zum Gespräch gebeten. Das soll den Eindruck vermeiden, dass ernsthafte Spannungen zwischen beiden Ländern bestehen.
EinbestellungDie förmliche Einbestellung ist wesentlich schärfer und signalisiert grössere Verstimmung. Die Türkei hat den deutschen Botschafter schon mehrmals einbestellt, unter anderem wegen der Affäre um die Erdogan-Satire von Jan Böhmermann.
Abberufung
Reicht eine Einbestellung nicht mehr aus, folgt die Anweisung zur Abberufung des Botschafters. Laut dem «Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen» kann ein Staat einen Diplomaten für unerwünscht erklären. Der Entsendestaat hat dann Zeit, um die «persona non grata» abzuberufen. Geschieht das nicht, wird der Diplomat ausgewiesen.
ZurückrufungEine Regierung kann zudem ihren eigenen Botschafter zu Konsultationen zeitweise in die Heimat zurückholen. Die Zurückrufung ist Ausdruck der ernsthaften Verärgerung eines Landes über das Gastland des Botschafters. So beorderte die Türkei ihren Botschafter in Berlin nach Ankara zurück, nachdem der Bundestag die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord bezeichnet hatte.

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