Der französische Botschafter in Dänemark, François Zimeray, hat den Anschlag auf das Kulturcafé in Kopenhagen als Augenblicke des Schreckens erlebt. «Ich bin mit dem Fahrrad angekommen – also auf dänische Art – und bin in einem gepanzerten Fahrzeug wieder abgefahren», berichtete Zimeray der Pariser Zeitung «Le Monde». «Ich habe ein Umkippen der Gesellschaft erlebt.»
Die Schüsse fielen, kurz nachdem Zimeray als Ehrengast gesprochen und die ukrainische Femen-Aktivistin Inna Schewtschenko das Wort ergriffen hatte. Zimeray spielte am Telefon den Journalisten eine Tonaufnahme vor: 40 bis 50 Schüsse aus einer automatischen Waffe sind zu hören. Sie dauern gut 20 Sekunden – eine gefühlte Ewigkeit.
«Als sie (Inna Schewtschenko – Anm. der Red.) sprach, haben wir plötzlich einen grossen Lärm gehört», berichtete Zimeray der Zeitung «Le Journal du Dimanche». «Ich habe mir gesagt, dass ein Schrank umgekippt ist oder es sich um einen Knallkörper handelt. Aber nein, das waren wirklich aufeinanderfolgende Schüsse. Ich habe das nicht glauben können. Das konnte doch nicht wieder losgehen wie in Paris! Doch in wenigen Sekunden war mir klar, dass wir dasselbe erleben wie bei ‹Charlie Hebdo›.»
Die Schüsse kommen durch die Glastür von aussen. Wer kann, wirft sich spontan auf den Boden unter die Tische. Im Raum wird niemand getötet – wohl aber ein Mensch vor dem Café.
«Richtung Notausgang gekrochen»
«Wir sind alle auf der Erde in Richtung Notausgang gekrochen, während die Schüsse durch die Tür weitergingen», schilderte Zimeray. «Die Polizei spricht von 200 Einschüssen. Erst als ich in den Saal zurückkam, habe ich gesehen, dass es einen Toten gab.»
«DANKE an die dänischen Polizisten, die mein Leben retteten»
Botschafter Zimeray wollte den Dänen an dem Abend «für die wunderbare Solidarität mit Frankreich» nach dem Anschlag auf das Satireblatt «Charlie Hebdo» im Januar danken. Die Solidarität sei für ihn erstaunlich gewesen, sagt er. Als er die Ereignisse noch am Fernseher verfolgt habe, hätten sich 700 Menschen vor der Botschaft eingefunden - «in der Kälte, gekommen, um Blumensträusse und Kerzen zu bringen, um ihre Unterstützung Frankreichs zu zeigen».
Rückblick in Bildern: Was in Kopenhagen geschah
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Bild 1 von 7. Mit einer automatischen Waffe schoss der Attentäter am Samstag um 15.33 Uhr von aussen auf das Kulturcafé Krudttønden (Pulverfass) in Kopenhagen, in dem eine Veranstaltung zum Thema «Kunst, Gotteslästerung und Freie Rede» stattfand. Ein 55-jähriger Filmregisseur aus Dänemark, der an der Diskussion teilnahm, starb. Drei Polizisten wurden verletzt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 7. Der Angriff in dem Kulturcafé galt vermutlich dem schwedischen Zeichner Lars Vilks. Islamisten kritisieren ihn seit Jahren wegen seiner Mohammed-Karikaturen. Er war bereits mehrfach Ziel von Attentaten. Vilks blieb bei dem Anschlag unverletzt. Er hatte sich mit einer Organisatorin der Diskussion in einem Kühlraum versteckt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 7. Etwa zehn Stunden nach dem ersten Anschlag eröffnete wahrscheinlich derselbe Täter nach Mitternacht das Feuer auf eine Synagoge. Ein 37-jähriger Wachmann, der die Besucher am Eingang kontrollierte, wurde getötet. Zwei Polizisten wurden verletzt. In der Synagoge waren rund 80 Menschen zu einer Feier (Bat Mizwa) versammelt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 7. Neben den zwei Todesopfern wurden bei den beiden Anschlägen insgesamt fünf Personen verletzt. Es handelt sich um Personenschützer und Polizisten, die angeschossen wurden. Sie befinden sich alle ausser Lebensgefahr, wie die Polizei mitteilte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Der mutmassliche Täter wurde am Sonntagmorgen beim Bahnhof Nørrebro von Polizisten erschossen. Die Polizei geht davon aus, dass er beide Anschläge verübt hat. Es soll sich um einen 25- bis 30-jährigen Mann arabischen Aussehens handeln. Die Polizei hat den Täter inzwischen identifiziert. Er stammt aus Kopenhagen und war den Ermittlern bekannt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 7. Die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt legte am Sonntag Blumen vor der Synagoge nieder, bei deren Eingang ein 37-jähriger Wachmann getötet wurde. Thorning-Schmidt rief die Bürger dazu auf, sich nicht einschüchtern zu lassen. Es gebe noch viele offene Fragen. Aber man werde die Demokratie des Landes auf jeden Fall verteidigen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 7. Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve (links) hat das Kulturzentrum – Ort des ersten Anschlages – am Sonntag gemeinsam mit dem französischen Botschafter François Zimeray besucht. Zimeray war zum Zeitpunkt des Angriffes im Café, blieb aber unverletzt. Als die Schüsse fielen, habe er sofort an die Attentate von Paris gedacht. Bildquelle: Keystone.