An einem Strandteil im türkischen Bodrum wurde am Mittwoch der leblose Körper eines Jungen angespült. Er soll aus dem syrischen Kobane stammen und machte mit seiner Familie die gefährliche Überfahrt zur Hafenstadt Kos in Griechenland. Nach Angaben der Zeitung «Ottawa Citizen» wollte die Familie später nach Kanada ausreisen.
Wie die Zeitung am Mittwoch berichtete, ist Abdullah, der Vater des dreijährigen Jungen, der einzige Überlebende der Familie. Seine Frau und ein weiterer Sohn sind bei der Überfahrt ums Leben gekommen. Er habe einem Verwandten telefoniert: «Meine Frau und meine beiden Söhne sind tot.»
«Mein erster Sohn starb in den Wellen»
Der Vater berichtete gegenüber dem oppositionellen syrischen Radiosender Rosana FM über das Unglück: «Ich half meinen beiden Söhnen und meiner Frau und versuchte mehr als eine Stunde lang, mich am gekenterten Boot festzuhalten. Meine Söhne lebten da noch. Mein erster Sohn starb in den Wellen, ich musste ihn loslassen, um den anderen zu retten.»
Weinend fügte der Vater hinzu, dass trotz seiner Bemühungen auch der andere Sohn gestorben sei. Als er sich dann um seine Ehefrau habe kümmern wollen, habe er sie tot vorgefunden. «Danach war ich drei Stunden im Wasser, bis die Küstenwache ankam und mich rettete.»
Die Familie war Teil einer Gruppe von mindestens zwölf syrischen Flüchtlingen, die am Mittwoch vor der türkischen Küste ertrunken waren. Im westtürkischen Bodrum wurden mittlerweile vier Schleuser festgenommen. Sie sollen für den Tod der Flüchtlinge verantwortlich sein.
Grosse Betroffenheit
Das Bild des toten Jungen hat der Flüchtlingstragödie ein Gesicht gegeben. Die türkische Zeitung «Hürriyet» veröffentlichte das Bild auf der Webseite mit der Überschrift «Dunyavi sarsti» («Die Welt erschüttert»).
In Deutschland druckte die «Bild»-Zeitung das Foto auf der kompletten Rückseite auf schwarzem Hintergrund. Es zeigt den toten kleinen Jungen mit dem Gesicht nach unten am Strand liegend.
Unter dem Hashtag «#KiyiyaVuranInsanlik» (in etwa: «Menschheit an die Küste gespült») sorgten die Fotos auf Twitter für zahlreiche Reaktionen. «Alles, was bleiben wird, sind unsere gebrochenen Herzen», schrieb ein Nutzer. «Wenn dieses Bild die Welt nicht verändert, haben wir alle versagt», schrieb eine andere. «Mir kamen die Tränen (...)», meinte eine andere. «Ohne Worte», schrieb ein weiterer Nutzer. «Meedia.de» sprach von einem «medialen Wendepunkt» in der Flüchtlingskrise.