Die Argumente in den US-Steuerparadiesen lauten seit Jahrzehnten immer gleich. Als Beispiel Wyoming, das nicht nur für die schöne Berglandschaft, sondern auch für seine Briefkastenfirmen bekannt ist. «Eine Einheitslösung aus Washington wäre für die 50 Bundesstaaten sehr kompliziert umzusetzen», sagt Karen Wheeler, die stellvertretende Innenministerin von Wyoming.
Will heissen: Das Geschäft ist für die lokale Wirtschaft zu attraktiv, um es sich einfach so kaputt machen zu lassen. Das gilt für Wyoming, aber auch für Delaware, Nevada und weitere Bundesstaaten.
USA blieben lange stumm
Es ist eine Argumentationslinie, mit der die Staaten jahrzehntelang gut durchkamen. Auch als die G20-Staaten im April 2009 dem Bankgeheimnis den Kampf ansagten und verschiedene Staaten mit schwarzen und grauen Listen unter Druck setzten, darunter die Schweiz, ging das Briefkastengeschäft in den US-Bundesstaaten ungestört und sehr profitabel weiter.
Dass ausländische Kunden, die ihre Geschäfte im Ausland tätigen, auf diese Weise Milliardensummen vor ihren eigenen Steuerämtern verstecken können, stiess international in den letzten Jahren immer stärker auf Kritik. Diese verhallte in den USA ungehört.
OECD-Steuerchef leicht zuversichtlich
Doch nun kommt Bewegung in die Sache, wenigstens ein bisschen, wie Pascal Saint-Amans, Direktor der OECD-Steuerabteilung, bestätigt: «Die Vereinigten Staaten haben vor zwei Wochen bekanntgeben, dass sie bis zu den Wahlen im Herbst mehr Transparenz für Briefkastenfirmen einführen werden – etwas, was Länder wie die Schweiz ja schon lange fordern.»
Konkret geht es darum, dass das US-Finanzministerium und die Steuerbehörde IRS neue Vorschriften erlassen werden. Diese sollen den Banken und anderen Finanzdienstleistern zum ersten Mal überhaupt vorschreiben, dass sie Personen hinter Briefkastenfirmen identifizieren müssen. Das ist ein wichtiger Schritt, denn ohne Daten macht ein Datenaustausch keinen Sinn.
Schwieriges Unterfangen
Noch ist allerdings nicht entschieden, ob die neuen Vorschriften auch für bestehende Briefkastenfirmen gelten. Offen ist schliesslich, ob das alles reicht oder ob nicht zusätzlich auch den Handelsregistern in den einzelnen Bundesstaaten Transparenzregeln auferlegt werden müssten.
Das wäre allerdings nicht so einfach zu bewerkstelligen. Bis jetzt sind Gesetze dieser Art im US-Kongress stets gescheitert. Zugleich ist juristisch umstritten, wie weit die einseitige Verordnung des Präsidenten gehen könnte. So ist es gut möglich, dass dieses Schlupfloch vorerst bestehen bleibt.
Europäische Vernetzungsidee auch für USA eine Option?
Interessant dürfte in diesem Zusammenhang auch sein, wie die Obama-Regierung auf ein Pilotprojekt der fünf grössten europäischen Staaten reagiert. Gestern haben die Finanzminister Deutschlands, Grossbritannien, Frankreichs, Italiens und Spaniens erklärt, dass sie nationale Transparenzregister über bestimmte Firmen-Konstrukte vereinheitlichen und global vernetzen wollen.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble will am G20-Treffen und während der IWF-Frühlingstagung für das Projekt werben: Es sei sicher, dass der Vorschlag Unterstützung finden werde, denn alle Staaten mit gutem Ruf müssten daran interessiert sein, die Steuerflucht zu bekämpfen.
Gelingt es Schäuble und seinen Kollegen jedoch nicht, die USA an Bord zu holen, bleibt ihr Vorstoss für mehr Transparenz wirkungslos. Die Europäer sind den USA heute meilenweit voraus.