Der EU-Sondergipfel hat am Samstag in Brüssel über das weitere Vorgehen in der Ukraine-Krise beraten. Die EU-Kommission soll nun binnen einer Woche Vorschläge für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau machen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach dem Gipfel in der Nacht auf Sonntag: «Jedem ist völlig klar, dass wir rasch handeln müssen.»
Van Rompuy unterstrich zugleich, dass weitere Sanktionen gegen Russland von der Entwicklung in der Ukraine abhängig gemacht würden, ohne genauere Kriterien zu nennen. Die Beratungen würden zu Wochenbeginn starten. Es gebe keinen Automatismus. Über neue Sanktionen müssten entweder der EU-Ministerrat oder die ständigen EU- Botschafter der 28 Mitgliedstaaten entscheiden.
Merkel: Keine Waffenlieferungen an die Ukraine
«Vorausgesetzt, dass es so weitergeht, werden wir Sanktionen beschliessen wollen innerhalb einer Woche», resumierte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Es gehe dabei um Finanzsanktionen und Sanktionen im Energiesektor. Nach ihren Worten muss Moskau mit weiteren Sanktionen rechnen, wenn der Zustand in der Ukraine anhält oder sich die Lage weiter verschlechtert.
Keine Waffenlieferungen. Ich kann hier nicht für alle sprechen.
Niemand im Kreis der EU-Staats- und Regierungschefs habe ernsthaft bezweifelt, dass ein grosses militärisches Engagement Russlands in der Grenzregion zur Ukraine stattfinde, sagte Merkel.
Die Bundeskanzlerin schloss trotz der Eskalation des Konflikts mit Russland deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Dadurch entstünde der falsche Eindruck, der Konflikt könne militärisch gelöst werden: «Deutschland wird jedenfalls keine Waffen liefern», betonte sie. Sie räumte Meinungsunterschiede innerhalb der EU in diesem Punkt ein: «Ich kann hier nicht für alle sprechen.» Zuvor hatte Litauen Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert.
Poroschenko: «Kurz vor einem Punkt ohne Wiederkehr»
Zum Auftakt des Gipfels hatten die Staats- und Regierungschefs mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko gesprochen. Dieser warnte vor irreparablen Schäden durch den Konflikt im Osten seines Landes. «Ich denke, dass wir sehr kurz vor einem Punkt ohne Wiederkehr stehen.» Er fügte hinzu: «Der Punkt ohne Wiederkehr ist ein umfassender Krieg. Auf dem von den Separatisten kontrollierten Gebiet ist dies schon geschehen.»
Wir stehen sehr kurz vor einem Punkt ohne Wiederkehr
Der Westen wirft Russland vor, reguläre Truppen in die Ukraine geschickt zu haben. Der britische Premier David Cameron sagte: «Es ist völlig unakzeptabel, dass sich russische Soldaten auf ukrainischem Boden befinden.»
Finnlands Regierungschef Alexander Stubb sagte, es seien jetzt Verbote möglich bei Waffenausfuhren, Finanzdienstleistungen oder Gütern, die auch militärisch eingesetzt werden könnten. Er nannte ebenfalls den Energie-Bereich, ohne auf Details einzugehen.
USA begrüssen Schritt
Die USA begrüssten die Bereitschaft der EU zu weiteren Sanktionen. Ebenso, dass die EU gemeinsam «starke Unterstützung für die Souveränität der Ukraine zeige, heisst es in einer Erklärung von Caitlin Hayden, Sprecherin des nationalen Sicherheitsrats. Die USA arbeiteten bei der Vorbereitung weiterer Strafmassnahmen eng mit der EU zusammen. Gleichzeitig erging ein erneuter Aufruf an Russland, Soldaten und militärische Ausrüstung unverzüglich aus der Ukraine abzuziehen und die Unterstützung der pro-russischen Rebellen einzustellen.
Bisherige Sanktionen
Die EU hat bereits erste Wirtschaftssanktionen verhängt. Ende Juli erschwerte sie unter anderem den Zugang russischer Banken zu den EU-Finanzmärkten und untersagte bestimmte Hochtechnologie-Exporte. Die Bereiche der bisherigen Sanktionen sollen unverändert bleiben.
Nach den Sanktionen gegen Russland hat auch Moskau Anfang August Sanktionen gegen den Westen ausgesprochen. Russen wurde den Import von Obst, Gemüse und Fleisch aus dem Westen verboten.