Dem zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach droht im Zuge der Affäre um die WM 2006 eine lange Sperre und der Verlust seiner Ämter bei der Fifa und bei der Uefa. Die Untersuchungskammer der Ethikkommission des Weltverbands Fifa fordert einen Bann von zwei Jahren gegen den damaligen Vize-Chef des Organisationskomitees der WM 2006 in Deutschland. Die rechtsprechende Kammer hat ein offizielles Verfahren eröffnet, wie die Fifa mitteilte.
Die Ermittler werfen Niersbach Verstösse gegen vier Paragrafen des Fifa-Ethikcodes vor: Allgemeine Verhaltensregeln, Loyalität, Anzeige- sowie Mitwirkungs- und Rechenschaftspflicht und Interessenskonflikte. Die Untersuchungskammer fordert neben dem Bann für alle Fussballaktivitäten auch eine Geldstrafe von 30'000 Franken.
«Eine Frage der Ehre» – Niersbach wehrt sich
Niersbach will mit allen Mitteln gegen eine drohende Sperre durch die Fifa-Ethikkommission vorgehen. Es sei für ihn «eine Frage der Ehre und zur Wahrung meiner persönlichen Rechte erforderlich, diesem Antrag mit allen möglichen Rechtsmitteln entgegenzutreten», teilte Niersbach mit.
Der 65 Jahre alte Deutsche war im Zuge des WM-Skandals zwar als Präsident des Deutschen Fussball-Bundes zurückgetreten, sitzt als deutscher Vertreter aber noch immer im Council der Fifa und im Exekutivkomitee der Uefa.
Vor knapp zwei Monaten hatte die Ethikkommission offiziell Ermittlungen gegen die deutschen WM-Macher eingeleitet. Das Verfahren richtet sich neben Niersbach auch gegen den Chef des WM-Organisationskomitees Franz Beckenbauer.
Grundlage der Fifa-Ermittlungen ist der Untersuchungsbericht der Wirtschaftskanzlei Freshfields, die vom DFB mit der Aufklärung der Affäre beauftragt worden war. Nach Erkenntnissen dieser internen Ermittlungen wusste Niersbach spätestens im Juni 2015 von verdächtigen Geldflüssen rund um die WM-Vergabe, hatte das DFB-Präsidium aber monatelang bewusst nicht darüber informiert.
Kein Schuldeingeständnis, aber Bedauern
«Was die WM angeht, habe ich für mich ein absolut reines Gewissen», sagte Niersbach der «Welt am Sonntag» Anfang März. «Was die Vorgänge ab Sommer 2015 angeht, muss ich bekennen, dass ich mich bemüht habe, Klarheit in die Sache zu bringen. Rückblickend muss ich sagen, dass ich das Präsidium früher hätte informieren sollen. Das bedaure ich.»
In ihrem mehr als 300-seitigen Report hatten die Freshfields-Ermittler Anfang März veröffentlicht, dass es zwar zum damaligen Stand keine Beweise für einen Stimmenkauf vor der Vergabe der WM im Jahr 2000 gebe. Man könne diesen Verdacht gegen die deutschen WM-Bewerber aber auch nicht entkräften.