Nach der mutmasslich von Salafisten verübten Ermordung zweier Oppositionspolitiker stürzte Tunesien 2013 in eine schwere politische Krise. Es gab Massendemonstrationen gegen die islamistische Regierung. Das war die Geburtsstunde des jetzt mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Quartetts.
Auf Initiative der Gewerkschaft UGTT startete ein nationaler Dialog. Dessen Ziel war die Bildung einer neuen Übergangsregierung aus parteiunabhängigen Experten. Dem daraufhin gebildeten Quartett gehörten neben der Gewerkschaft auch der Arbeitgeberverband, die tunesische Menschenrechtsliga und die Anwaltskammer an.
Sie drängten die Islamisten und ihre Gegner an den Verhandlungstisch. Inzwischen hat Tunesien eine neue Verfassung und eine Regierung, die regulär gewählt wurde.
Preis als Anerkennung des zivilen Protests
Für den Islam-Experten Reinhard Schulze eine historische Leistung. «Das Quartett hat es geschafft, eine Mediation im Lande aufzubauen und die Parteien zu einem demokratischen Prozess zu verpflichten – bis hin zur Schaffung einer parlamentarischen Demokratie.» Das sei allerdings nur möglich gewesen, weil das Quartett einen starken Rückhalt in der Gesellschaft besessen habe.
Die heutige Anerkennung des Nobelpreises könnte zudem über Tunesien hinaus seine Wirkung entfalten, so Schulze. «Angesichts der chaotischen Verhältnisse in Syrien, Jemen und Libyen ist er auch eine Würdigung des zivilen Protests in der arabischen Welt.»
Demokratisierung dank Pragmatismus
Tunesien ist seit dem Sturz von Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali im Januar 2011 das Mutterland des Arabischen Frühlings. Dank des Pragmatismus' der Teilnehmer am nationalen Dialog konnte das nordafrikanische Land die Demokratisierung weiterführen.
Für Islam-Experte Schulze ist der Nobelpreis die logische Würdigung dieses Weges. «Dieser Preis bedeutet die Anerkennung Tunesiens als Teil der demokratischen Welt.»