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Junge Briten entdecken das Hotel Mama
Aus SRF 4 News aktuell vom 14.05.2018.
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Generation Nesthocker Immobilienpreise treiben Briten ins Hotel Mama

Immer mehr Normalverdiener können sich ein Haus oder eine Wohnung nicht mehr leisten. Besonders für junge Briten hat das Folgen.

In Grossbritannien ist es üblich, sich zum Start ins Berufsleben eine kleine Wohnung zu kaufen – und sich nach und nach zu steigern. So wie man in der Karriereleiter nach oben klettert, klettert man auch auf der Immobilienleiter, der «housing ladder», nach oben. Das können sich aber viele junge Briten nicht mehr leisten.

SRF-Korrespondentin Henriette Engbersen zu den Gründen und Folgen, wieso auch in Grossbritannien junge Erwachsene immer öfter und länger bei den Eltern wohnen bleiben.

Henriette Engbersen

Grossbritannien-Korrespondentin, SRF

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Engbersen ist seit Frühling 2017 Grossbritannien-Korrespondentin von SRF. Sie ist seit 2008 für das Schweizer Fernsehen tätig, zuerst als Ostschweiz-Korrespondentin und später als Redaktorin der «Tagesschau».

SRF News: Eine Studie der Queen's University Belfast hat sich mit dem Wohnverhalten der jungen Briten befasst. Welches sind die Haupterkenntnisse?

Henriette Engbersen: Die jungen Briten bleiben länger zu Hause. Über ein Viertel der unter 30-Jährigen wohnt noch zu Hause. Und jene, die bereits eine Wohnung besitzen, ziehen viel weniger häufig um. Laut Statistik zogen früher die Leute nach dem ersten Kauf einer Wohnung danach noch drei bis vier Mal um. Heute ziehen sie nach dem ersten Hauskauf noch ein bis zwei Mal um.

Die Studie nennt Gründe für das Phänomen, dass die Leute nach der Ausbildung nicht mehr ein Haus oder eine Wohnung kaufen. Welche Gründe sind das?

Zum einen ist es seit der Finanzkrise viel schwieriger, eine Hypothek zu erhalten. Doch der Hauptgrund sind die stark gestiegenen Immobilienpreise. In London ist es besonders schwierig und extrem. Hier sind die Hauspreise mancherorts in den letzten zehn bis zwanzig Jahren um das Dreifache gewachsen. Die Löhne sind längst nicht so stark gestiegen.

Dieser starke Preisanstieg hat mit Angebot und Nachfrage zu tun. Viele Reiche aus aller Welt kauften in den vergangenen Jahren in London Immobilien. Teilweise bewohnen sie diese nicht einmal. Sie halten sie als Wertanlage oder brauchen sie im Sommer als Ferienwohnung.

Eine Immobilie zu besitzen ist eigentlich fast wichtiger als Heiraten.

Zusätzlich verschärft sich die Lage, weil auch weniger gebaut wird. Obwohl in Grossbritannien in den letzten Jahrzehnten immer mehr Einwanderer ins Land gekommen sind, bauen die Briten nur noch halb so viele Wohnungen und Häuser wie in den 1970er Jahren. All das führt dazu, dass Wohnungen und Häuser ein rares Gut geworden sind und es treibt die Preise in die Höhe. Besonders für Einsteiger in den Immobilienmarkt ist die Situation schwierig.

Sind denn die Gründe alle wirtschaftlicher Natur?

Dass die Briten weniger ausziehen und weniger Immobilien kaufen, hat auch gesellschaftliche Gründe. Diese sind aber ähnlich wie in anderen europäischen Ländern. Junge bleiben länger single, sie heiraten später oder die Ausbildungen dauern länger.

Verändert sich in Grossbritannien die Marktlogik des Wohnens?

Nein, das würde ich nicht sagen. Immobilien kaufen und verkaufen: das ist den Briten eigentlich fast heilig. Es gibt ja das englische Sprichwort «My Home is my Castle» (Mein Zuhause ist mein Schloss). Es ist hier viel üblicher als in der Schweiz, zum Start ins Berufsleben eine kleine Wohnung zu kaufen. Deren Wert nimmt über die Jahre zu. Diese wird dann wieder verkauft, um eine grössere zu kaufen.

Etwa 80 Prozent der Jungen wünschen sich immer noch, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Das ist eigentlich fast wichtiger als Heiraten oder die Karriereleiter weiter nach oben zu kommen.

Was könnte die Regierung tun, dass sich diese Tendenz auf dem Markt nicht noch mehr verstärkt?

Das Stichwort ist: bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dies ist schon jetzt in der Regierung ein grosses Thema. Die Frage aber lautet: Bauen auf Kosten wovon? Ausserhalb von London gibt es zum Beispiel den sogenannten «Green Belt»: Der «grüne Gürtel» dient als Naherholungszone und darin soll nicht gebaut werden.

Soll man dort trotzdem bauen, damit es wieder erschwinglicher wird, sich eine Wohnung leisten zu können? Diese Themen beschäftigen die Briten zurzeit sehr. Bis aber etwas umgesetzt wird, das greift und es wirklich für die Jungen einfacher wird, etwas zu kaufen, wird es sicher noch einige Jahre dauern.

Das Gespräch führte Linda von Burg.

Ein Volk von Eigentümern

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70 Prozent der Briten besitzen ein Haus oder eine Wohnung. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt die Wohneigentumsquote bei rund 40 Prozent. Ausserhalb von London ist es fast ein Zeichen von Armut, wenn man sich den Besitz einer Wohnung oder eines Hauses nicht leisten kann.

Mieten ist zudem risikoreich, denn der Mieterschutz ist in Grossbritannien schwach. Der Vermieter kann zum Beispiel die Miete jedes Jahr erhöhen und den Mieter vor die Türe setzen, wenn dieser nicht bereit ist, die Erhöhung zu bezahlen.

Die Briten verbinden mit Eigentum auch finanzielle Sicherheit fürs Alter. Im Pensionsalter stossen viele Briten ihr Haus oder ihre Wohnung in der Stadt ab und ziehen günstig aufs Land. So haben sie eine Reserve, von der sie im Alter zehren können.

EU-weit gibt es beträchtliche Unterschiede, wann junge Erwachsene das Elternhaus verlassen. Die Malteser sind im Schnitt 32,2 Jahre alt. Laut Eurostat-Daten liegt der EU-Durchschnitt bei 26 Jahren. Am kürzesten bleiben junge Schweden im «Hotel Mama» - sie verlassen das Nest bereits mit 21.

Durchschnittsalter beim Auszug aus dem Elternhaus 2017

Malta32.2
Kroatien31.9
Slowakei 30.8
Italien 30.1
Griechenland29.4
Spanien29.3
Portugal 29.2
Bulgarien 28.9
Rumänien 28.0
Polen27.7
Ungarn27.4
Zypern27.4
Lettland27.0
Tschechien26.4
Irland26.3
Durchschnitt der EU26.0
Litauen25.7
Slowenien28.3
Österreich25.2
Grossbritannien24.4
Frankreich24.0
Deutschland23.7
Niederlande23.6
Belgien23.4
Estland23.1
Finnland21.9
Luxemburg21.4
Dänemark21.1
Schweden21.0

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