Die wichtigsten Aussagen von IKRK-Präsident Peter Maurer
- Flüchtlingsbewegungen seien durch Abschottung nicht zu stoppen. Das zeige die Geschichte klar.
- Trotz der Abschottungs-Rhetorik von Donald Trump bleibe die USA ein verlässlicher Partner des IKRK. Insbesondere zu vielen Militärs sei in langer Zusammenarbeit in Kriegsgebieten eine Beziehung von gegenseitigem Respekt entstanden.
- In der Regel will das IKRK weiter vertraulich vorgehen. Öffentliche Kritik übe das IKRK nur, wenn über lange Zeit auf den diplomatischen Wegen keine Forschritte erzielt worden seien.
- Die Erfolge des IKRK seien zahlreich, aber unspektakulär. Wenn das IKRK etwa Zugang zu Gefangenen erhalte, dann bedeute das für die Betroffenen enorm viel. In der Ukraine zum Beispiel kann das IKRK nächste Woche zu Leuten, zu denen es bisher ohne Zugang war.
Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Peter Maurer, spricht sich dezidiert gegen eine Abschottungspolitik in Europa, den USA und auch in der Schweiz aus. Er meint: «Ich stelle fest, dass zwei Drittel der 65 Millionen Vertriebenen aus Kriegsgebieten immer noch in den Ländern sind, aus denen sie kommen. Und die grosse Mehrzahl der Geflüchteten in den Nachbarländern. Da sind die wirklichen Probleme. Da versuchen wir Lösungen zu bringen.»
Das sei keine «Humanitäts-Duselei», sagt Maurer und weist damit einen Vorwurf zurück, den SVP-Nationalrat Heinz Brand erhebt. Jedermann sehe, dass die Europäischen Administrationen mit den Flüchtlingsbewegungen überfordert seien. Das ändere aber nichts an den Proportionen des Problems. Und er versucht, Europa, die USA und auch die Schweiz hier in die Pflicht zu nehmen. Gegenüber Brand und anderen Politikern, die am Rand der laufenden Session eine restriktivere Flüchtlingspolitik fordern, stellt er fest: Ohne stärkeres Engagement sei die Situation in den Herkunftsländern nicht zu stabilisieren und Abschottung helfe dagegen gar nichts.
Wenn wir in der Vertraulichkeit über lange Zeit keine Fortschritte erzielen, überlegen wir den Schritt an die Öffentlichkeit.
Für das IKRK ist das Verhältnis zu den USA besonders wichtig. Die USA steuern ein Viertel zum Budget von 1,65 Milliarden Franken bei. Dadurch sei es aber nicht zu politischer Einflussnahme gekommen, sagt Maurer. Nie sei dem IKRK ein Vorwurf der Parteilichkeit wegen der Finanzierung durch den Westen gemacht worden. Vielmehr erlaube der grosse Beitrag der USA, mehr Menschen zu erreichen. Das sei für die betroffenen Menschen das Entscheidende. Ein einzelner Gefangenenbesuch könne für das Leben Einzelner von riesiger Bedeutung sein. Insofern sei die dramatische Krisen-Zeit dennoch von Erfolgen für das IKRK begleitet.
Maurer ist auch überzeugt, dass das Engagement der USA durch die Administration von Donald Trump nicht in Frage gestellt sei, trotz dessen teils krasser Abschottungsrethorik. Auch unter Republikanern im Kongress und vor allem unter hochrangigen Militärs sei das IKRK als Partner respektiert. Die Zusammenarbeit über lange Zeit beispielsweise im Irak, in Afghanistan und auch in Guantanamo habe dazu geführt.
In jüngster Zeit hat das IKRK öfter auch öffentlich auf Missstände im Umgang mit dem humanitären Völkerrecht hingewiesen. Das sei keine Abkehr von der traditionellen Vertraulichkeit. Das IKRK werde sich weiter nur öffentlich äussern, wenn das vertrauliche Vorgehen über lange Zeit keine Fortschritte bringe. Die relative Häufung hat einen anderen Grund: Maurer sagt: «Insgesamt sehen wir heute mehr Krisen und tiefere Krisen als noch vor fünf Jahren.»