Die ukrainischen Truppen haben in der Millionenstadt Donezk ein Geheimdienstgebäude geräumt. Zudem nahmen sie im Osten des Landes 70 pro-russische Aktivisten fest. In der Stadt Charkow sei eine «Anti-Terror-Operation» eingeleitet worden, sagte Innenminister Arsen Awakow.
Pro-russische Demonstranten hatten in der Nacht zum Dienstag in den Städten Charkow, Luhansk und Donezk Regierungsgebäude besetzt und Referenden über einen Anschluss der Region an Russland gefordert.
Die Szenerie vor dem Parlamentsgebäude in Donezk erinnert an den Maidan-Platz in Kiew. Nur sind es dieses Mal pro-russische Demonstranten, welche Barrikaden aus Autoreifen errichtet haben. Mit Pflastersteinen und Benzinbomben wollen sie die Regierung in Kiew in die Knie zwingen.
Die angespannte Lage in der Ost-Ukraine macht auch nicht vor dem ukrainischen Parlament in der Hauptstadt halt. Die Sitzung musste heute für rund zehn Minuten unterbrochen werden. Vertreter der ultrarechten «Swoboda» lieferten sich mit dem Chef der kommunistischen Partei eine Prügelei, worauf sich Dutzende Parlamentarier am Gerangel beteiligten.
SRF-Korrespondent: «Russland nimmt Einfluss»
Für Peter Gysling, SRF-Korrespondent in Moskau, ist denkbar, dass sich das Krim-Szenario hier wiederholt. Es gebe aber eine wichtige Einschränkung: Die Bevölkerung in der Ost-Ukraine sei politisch weniger Richtung Moskau ausgerichtet als die Bevölkerung auf der Krim-Halbinsel.
«Deshalb wird Russland wohl versuchen, die weitere Entwicklung in der Ost-Ukraine so zu beeinflussen, dass dort beispielsweise Referenden über mehr regionale Unabhängigkeit stattfinden», so Gysling. Dann sollen sich diese Regionen politisch und wirtschaftlich mehr Richtung Russland orientieren, auch wenn sie nicht Russland beitreten.
Referendum gefordert
In Donezk hatten die Besatzer des Gebäudes der Gebietsverwaltung am Montag eine souveräne Volksrepublik ausgerufen. Sie kündigten spätestens für den 11. Mai ein Referendum über einen Anschluss an Russland an – nach dem Vorbild der Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Zudem forderten die Protestierenden Kremlchef Wladimir Putin auf, «Friedenssoldaten» zu entsenden.
Anders als auf der Krim gibt es in den ostukrainischen Gebieten an der Grenze zu Russland aber keine Mehrheit für einen Beitritt zur Russischen Föderation. Zudem hat Moskau die selbst ernannten Vertretungen bisher nicht anerkannt und hat auch – im Gegensatz zur Schwarzmeerflotte auf der Krim – keine Truppen dort stationiert.