International - «Die EU zwingt die Menschen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen»
Schlagstöcke gegen Migranten, überforderte Behörden, Panik – die Ferieninsel Kos hat ihre Unschuld verloren. Die menschenunwürdigen Zustände sind nicht nur den griechischen Behörden anzulasten, sagt Florian Westphal von Ärzte ohne Grenzen: denn am Anfang stehe Brüssels Versagen.
SRF News: Herr Westphal, was wissen Sie über die aktuelle Lage auf Kos?
Zur Person
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Florian Westphal ist seit Sommer 2014 Geschäftsführer der deutschen Sektion der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Zuvor arbeitete er während 15 Jahren beim IKRK.
Florian Westphal: Es scheint so, dass sich die Lage in dem Stadion etwas entspannt hat. Dort halten sich anscheinend nur noch ein paar Dutzend Menschen auf. Wo die geschätzten Tausend Flüchtlinge sind, die dort gestern und vor allem in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch waren, weiss ich momentan nicht. Und man muss natürlich damit rechnen, dass in den nächsten Tagen weiter Menschen über die Türkei in Kos ankommen werden.
Ihre Leute von Ärzte ohne Grenzen kümmern sich seit längerem in einem leerstehenden, abbruchreifen Hotel auf der Insel um ankommende Flüchtlinge. Hat es Sie überrascht, dass die Situation zwischen Flüchtlingen und Polizei jetzt eskaliert ist?
Leider musste man damit rechnen. Wir haben seit Monaten darauf hingewiesen, dass die Aufnahme- und Lebensbedingungen für die Flüchtlinge auf Kos inakzeptabel sind. Seit April werden keine Nahrungsmittel mehr bereitgestellt, die hygienischen Verhältnisse und die Unterbringung sind mangelhaft. Und wenn es derart lange dauert, bis die Menschen registriert werden und von Kos weiterreisen können, ist es auch nicht überraschend, dass es zu Spannungen kommt.
Nun schickt die griechische Regierung ein Kreuzfahrtschiff zur Insel Kos, dort sollen bis 2500 Menschen aufgenommen, versorgt und registiert werden – ist das ein sinnvoller Schritt?
Flüchtlinge in Athen
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Am Donnerstagmorgen ist in Athen eine Fähre mit rund 1300 Migranten angekommen. Die Flüchtlinge waren zuvor auf der Insel Kos untergekommen. Wie vonseiten der Küstenwache verlautete, werden im Tagesverlauf weitere 600 Migranten von verschiedenen anderen Inseln der Ägäis erwartet.
Wenn es dazu führt, dass die Unterbringung, Aufnahmebedingungen und gerade auch die Registrierung beschleunigt wird – auf jeden Fall. Aber das ist ein grosses «wenn». Wir haben schon seit mehreren Monaten darauf hingewiesen, dass mehr gemacht werden muss. Seitens der griechischen Behörden ist aber nicht sehr viel passiert. Stattdessen hat man zunehmend die Polizei zum Einsatz gebracht, um gegen die Flüchtlinge vorzugehen.
Können die Behörden nicht oder wollen sie nicht?
Das ist jeweils schwer zu beurteilen. Es ist sicherlich so, dass die Situation auf einer derart kleinen Insel naturgemäss schwierig ist – dazu kommen die beträchtlichen wirtschaftlichen Probleme Griechenlands. Man darf das Land mit dieser Herausforderung auch nicht alleine lassen. Die gesamte Europäische Union steht hier in der Pflicht, Griechenland tatkrätftig zu unterstützen, dass die Flüchtlinge anständig aufgenommen werden können.
Macht die EU denn nicht genug?
Nein. Sie macht klar zu wenig, das sieht man ja an den Zuständen, die auf Kos herrschen. Das sieht man auch an den tragischen Zwischenfällen auf dem Mittelmeer, wo Menschen immer wieder ertrinken. Die EU macht grundlegende politische Fehler. Da sie diesen Menschen aus Konfliktgebieten wie Syrien und Afghanistan nicht erlaubt, auf legalem und sicherem Weg nach Europa zu gelangen, zwingt sie die Menschen in die Hände von Schleppern.
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«Die EU macht grundlegende politische Fehler»
04:54 min, aus SRF 4 News aktuell vom 13.08.2015.
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Und sie zwingt sie damit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Wenn man aus Ländern wie Syrien kommt, bekommt man etwa in Ländern wie Deutschland Asyl. Aber erstmal muss man dahin gelangen. Und das kann man praktisch nur auf illegalem Weg.
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