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Die Ukraine hat einen neuen Präsidenten
Die Gegner des abgesetzten Präsidenten Janukowitsch krempeln mit hohem Tempo das politische System in der Ukraine um. Der Parlamentschef Alexander Turtschinow wurde zum Übergangspräsidenten bestimmt. Dieser bot bereits einen Dialog mit Russland an.
Die ehemalige Opposition in der Ukraine treibt den politischen Wandel im Land voran. Das ukrainische Parlament hat seinen neuen Vorsitzenden Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten bestimmt.
Timoschenkos Weggefährte
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Wirtschaftswissenschaftler Turtschinow gilt als Vertrauter von Oppositionsführerin Timoschenko. Er war bereits während der Orangenen Revolution 2004 einer der Organisatoren der Proteste. Nach dem Sieg der demokratischen Kräfte wurde er Geheimdienstchef. Bei der Bürgermeisterwahl in Kiew 2008 scheiterte er.
Die Abgeordneten votierten dafür, die Vollmachten des Staatsoberhaupts vorübergehend auf den Parlamentschef zu übertragen.
Turtschinow gilt als Vertrauter von Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Er war bereits während der Orangenen Revolution 2004 einer der Organisatoren der Proteste. Nach dem Sieg der demokratischen Kräfte wurde er damals Geheimdienstchef.
Turtschinow geht auf Moskau zu
Turtschinow bot Russland einen Dialog an. Bedingung sei aber, dass Moskau das Bestreben der Ukraine nach engeren Beziehungen zur EU akzeptiere.
«Wir sind zu einem Dialog mit Russland bereit, bei dem wir unsere Beziehung auf Augenhöhe entwickeln», sagte Turtschinow in einer TV-Ansprache. Dies müsse «die europäische Wahl der Ukraine berücksichtigen».
Er hoffe, dass diese Ausrichtung bei den nun angesetzten Neuwahlen am 25. Mai bestätigt werde. Für ihn sei es «eine Priorität», die europäische Integration der Ukraine voranzutreiben.
Die neue Regierung habe zudem die Aufgabe, die Wirtschaft des Landes, die vor dem Kollaps stehe, zu stabilisieren. Nach seinen Angaben befindet sich die Ukraine «am Rande der Zahlungsunfähigkeit».
Erste Aufgabe sei es aber, die Konfrontation zu stoppen, sagte Turtschinow. Die Dutzenden Opfer, die bei den Protesten getötet worden waren, würdigte er als «Helden».
«Kabinett des nationalen Vertrauens»
Die Bestimmung eines neuen Regierungschefs lässt aber noch auf sich warten. Die Oberste Rada – das Parlament – hat den Entscheid vertagt. Die Wahl soll frühestens am Montag stattfinden. Oppositionsführerin Julia Timoschenko hat bereits angekündigt, kein Interesse an dem Posten zu haben. Turtschinow forderte die Abgeordneten dazu auf, sich zudem bis Dienstag auf ein «Kabinett des nationalen Vertrauens» zu einigen.
Die Oberste Rada hatte am Vortag den bisherigen Staatschef Viktor Janukowitsch für abgesetzt erklärt und Neuwahlen für den 25. Mai angesetzt. Janukowitsch hat bisher nicht seinen Rücktritt erklärt.
Ermittlungen gegen Behörden
Kein Kriegsmaterial
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Die Schweiz hat vor Kurzem die Ausfuhr von Kriegsmaterial an die Ukraine gestoppt, so das Seco. Der Entscheid fiel, als in der Ukraine immer mehr Menschen bei Zusammenstössen getötet wurden. Aus der Schweiz gingen in den vergangenen Jahren Kleinwaffen wie Pistolen und Maschinenpistolen sowie Munition an die ukrainische Polizei und an das Militär.
In einem weiteren Antrag wollten die Parlamentarier später ein Verbot der bisher regierenden Partei der Regionen des abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch sowie der verbündeten Kommunisten diskutieren.
Der neue Innenminister Arsen Awakow teilte mit, er habe interne Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen 30 Mitglieder seiner Behörde einleiten lassen. Dabei gehe es um ihre Rolle bei den blutigen Strassenkämpfen zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern in Kiew, bei denen mindestens 82 Menschen getötet worden waren.
In Kiew ist die Lage derweil ruhig. Mit Patrouillen bewachte die Opposition weiter die Barrikaden am Maidan. Dort hatte Timoschenko am Vorabend an die Menschen appelliert, mit ihrem Kampf nicht nachzulassen. Erst Neuwahlen, die für den 25. Mai angesetzt sind, könnten den Machtwechsel abschliessen.
Volksaufstände in ehemaligen Sowjetrepubliken
MOLDAWIEN: | Im April 2009 kommt es im Nachbarland von EU-Mitglied Rumänien wegen Fälschungsvorwürfen nach der Parlamentswahl zu blutigen Ausschreitungen. In der Hauptstadt Chisinau gehen Regierungsgegner gegen den Sieg der Kommunisten unter Präsident Vladimir Voronin auf die Strasse. Bei einer erzwungenen Neuwahl Ende Juli setzt sich ein prowestliches Oppositionsbündnis durch. |
KIRGISTAN: | Im März 2005 eskalieren nach der Parlamentswahl Proteste gegen Präsident Askar Akajew. Nach Massendemonstrationen im islamisch geprägten Süden der zentralasiatischen Republik erfasst die Tulpenrevolution auch die Hauptstadt Bischkek. Unter anderem werden Regierungsgebäude angegriffen. Akajew flieht ins russische Exil. Der damalige Hoffnungsträger Kurmanbek Bakijew gewinnt Neuwahlen - und wird fünf Jahre später bei erneuten Massenprotesten mit vielen Toten wieder aus dem Amt gejagt. Er flieht nach Weissrussland. |
UKRAINE: | Im November 2004 löst das Ergebnis der Präsidenten-Stichwahl die Orangene Revolution aus. Anhänger des Oppositionskandidaten Viktor Juschtschenko werfen Regierungschef Viktor Janukowitsch Wahlfälschung vor. In Kiew beginnen friedliche Massenproteste der Opposition. Mit orangefarbenen Bändern gekennzeichnete Oppositionelle stehen dem unter blauen Fahnen antretenden Janukowitsch-Lager gegenüber. Im Dezember ordnet das Oberste Gericht eine Wiederholung der Wahl an, die Juschtschenko gewinnt. Janukowitsch schafft es bei der Wahl 2010 doch zum Staatschef - und wurde jetzt vom Parlament abgesetzt. |
GEORGIEN: | Im November 2003 bricht aus Protest gegen Fälschungen bei der Parlamentswahl die friedliche Rosenrevolution aus. Der Volksaufstand führt zum Sturz von Präsident Eduard Schewardnadse, der die Kaukasusrepublik seit 1992 regiert hatte. Als Held der Rosenrevolution gewann Michail Saakaschwili die Präsidentenwahl im Januar 2004. Allerdings fiel er später selbst in Ungnade - und verlor nach landesweiten Massenprotesten bei regulären Wahlen die Macht. |