In Havanna wird Geschichte geschrieben. Fast 1000 Jahre nach der Kirchenspaltung trafen sich die Kirchenoberhäupter der russisch-orthodoxen- und der katholischen Kirche.
Auf Pomp wurde bei diesem Treffen verzichtet – die beiden begrüssten sich am Flughafen und haben sich anschliessend in einen Protokollsaal für ein zweistündiges Gespräch zurückgezogen. «Es ist klar, dass das der Wille Gottes ist», sagte Papst Franziskus bei der Begrüssung symbolträchtig.
Sie wollen unter anderem über die Christenverfolgung in den Krisenherden in Nahost, Afrika und Asien beraten. An der Begrüssung der Kirchenoberhäupter nahm auch Kubas Präsident Raúl Castro teil. Mit der Begegnung wollen beide Kirchenoberhäupter in Zeiten von Terror, Krieg und Vertreibung ein kraftvolles ökumenisches Zeichen setzen. Geplant war eine gemeinsame Erklärung.
Seit 20 Jahren gab es Pläne für ein solches Treffen, das nun durch den Aufenthalt beider Kirchenoberhäupter in der Region möglich wird. Viele Gespräche im Hintergrund machten das Treffen möglich. Geführt wurden die Verhandlungen von Kardinal Kurt Koch.
Zaghafte Annährung
Katholiken und Orthodoxe gehen seit der Kirchenspaltung (Schisma) aus dem Jahr 1054 getrennte Wege. Damals exkommunizierten sich die Oberhäupter der Ostkirche in Byzanz (heute Istanbul) und der Westkirche in Rom gegenseitig. Folge war die Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen. Nach Katholiken und Protestanten stellen die Orthodoxen heute die drittgrösste Gruppe innerhalb des Christentums.
Die «orthodoxe Welt» ist in 14 Kirchen zersplittert. Die grösste ist der russisch-orthodoxe Zweig mit rund 150 Millionen Gläubigen. Im Juni soll es nach langer Vorbereitung auf Kreta zu einem historischen Treffen aller orthodoxen Kirchen kommen. Der katholischen Kirche gehören rund eine Milliarde Menschen an. In den vergangenen Jahrzehnten trafen Franziskus und seine Vorgänger zwar andere orthodoxe Patriarchen, aber bisher nicht den russischen.
Kirill (69) gilt als Freund der Ökumene, aber auch als Verfechter traditioneller Familienwerte und Gegner von Homosexuellenrechten. Kirill pflegt engen Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kremlchef bindet die orthodoxe Kirche als Machtstütze aktiv in seine Politik ein. Er sieht in ihr einen starken Verbündeten im Kampf gegen westlichen Liberalismus und Werteverfall. Kritiker sprechen von einer «unheiligen Allianz» von Staat und Kirche.
Trotz des historischen Treffens sind nach Darstellung Moskaus längst nicht alle Meinungsverschiedenheiten beigelegt. «Wir hoffen, dass dieses Treffen ein neues Kapitel in den Beziehungen unserer beiden Kirchen aufschlägt», sagte der Metropolit (Erzbischof) Ilarion der Zeitung «Kommersant».