Immer neue Details über ein System korrupter Funktionäre zeichnen ein desaströses Bild der Fifa. Berichte aus Südafrika verheissen auch für Blatter nichts Gutes.
Wusste Blatter von dubiosen Zahlungen?
Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke soll im Jahr 2007 per E-Mail bei der Regierung am Kap angefragt haben, wann mit der Zahlung von zehn Millionen Dollar zugunsten der Concacaf-Konföderation für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik zu rechnen sei. Die südafrikanische Zeitung «Sunday Times» behauptet, dass Valcke in seinem Schreiben darauf verwiesen habe, dass Blatter und Südafrikas damaliger Staatschef Thabo Mbeki in die Diskussionen um die Zahlung eingebunden gewesen seien.
Das würde erstmals den Namen Blatters konkret mit der dubiosen Zahlung in Verbindung bringen. Laut US-Justizermittlern handelt es sich bei dem Geld um eine Bestechungszahlung an Fifa-Funktionäre, darunter die Exekutivmitglieder Chuck Blazer, der geständig ist, und Jack Warner, der jede Vorteilsnahme leugnet. Die Fifa beharrt darauf, dass die zehn Millionen Dollar eine legale Hilfsmassnahme für den Fussball in Mittelamerika gewesen seien.
Sorge vor hoher Geldstrafe
Beim Fussball-Weltverband ist von der erhofften Ruhe nach der Rücktrittsankündigung Blatters jedenfalls nichts zu spüren. «Kein Kommentar», hiess es am Sonntag aus dem Hauptquartier in Zürich. Alle Aspekte der neuen Anschuldigungen bis hin zu einer angeblich manipulierten Auszählung der WM-Stimmen zugunsten Südafrikas seien derzeit nicht zu bewerten.
Offensichtlich arbeitet die Fifa-Rechtsabteilung intensiv an einer Beurteilung der Sachlage, denn im Zuge der Ermittlungen der US-Justiz geht es für die Fifa womöglich auch um die Vermeidung einer hohen Millionen-Geldbusse aus den USA.
Für Unruhe sorgt bei der Fifa offenbar, dass das US-Justizministerium nach seinen Ermittlungen gegen einzelne Funktionäre auch gegen den Weltverband als Institution aktiv werden könnte, wenn die Kultur der Bestechlichkeit in der Organisation nachzuweisen sei. Ähnlich wie bei drohenden Prozessen gegen internationale Banken müsste sich der Weltverband dann wohl durch Zahlung einer hohen Geldbusse freikaufen, berichtet die Zeitung «Schweiz am Sonntag» unter Berufung auf US-Juristen. Die Fifa-Reserven von knapp 1,4 Milliarden Euro könnten dann massiv schrumpfen.
Diskussion um WM-Neuvergabe
Eigentlich sind die Rücklagen für das Szenario eines WM-Ausfalls angesammelt worden. Durch die Ermittlungen im Zuge der WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 ist weiterhin nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass beim Nachweis von Unregelmässigkeiten die Fifa auch hier in teure Rechtsstreitigkeiten verwickelt wird.
Der Vorsitzende der Fifa-Compliance-Kommission, Domenico Scala, erläuterte nochmals die Bedingungen für eine von vielen Seiten geforderte WM-Neuvergabe. «Sollten Beweise dafür vorliegen, dass die Vergabe nach Katar und Russland nur dank gekaufter Stimmen zustande kam, dann könnte die Vergabe nichtig sein. Dieser Beweis wurde bisher nicht erbracht», sagte Scala der Schweizer «Sonntags-Zeitung».