Auf dem internationalen Parkett ist der neue Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem weitgehend unbekannt. Der studierte Agrarökonom übernahm erst im vergangenen November das Finanzministerium in Den Haag. Seither hat er seinen Ruf als starker Vermittler und schlauer Stratege gefestigt – beides Eigenschaften, die ihm als Nachfolger Junckers helfen dürften.
Dijsselbloem war der einzige Kandidat für den Spitzenposten. Sein Mandat läuft zweieinhalb Jahre. Die Ernennung war allerdings umstritten. Spanien habe im Kreise der Euro-Finanzminister nicht zugestimmt, sagte Juncker. Für die Wahl des Vorsitzenden reicht aber eine einfache Mehrheit.
Unterstützung Deutschlands
Die Aufgaben, die auf den 46jährigen warten, sind riesig. Dijsselbloem präsentierte bereit kurz nach der Ernennung sein Arbeitsprogramm. Seiner Ansicht nach sind Budgetsanierung und Wachstum keine Widersprüche. «Solidarität ist eine Top-Priorität», sagte er. «Ausgeglichene Haushalte sind nicht unvereinbar mit Solidarität.»
Dijsselbloem stammt aus einem Land mit der Einsernote «AAA» bei den Ratingagenturen. Der Sozialdemokrat soll den Einfluss der reichen Mitgliedstaaten sichern und hat die ausdrückliche Unterstützung Deutschlands. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: «Ich finde diese Entscheidung sehr gut.»
Ein Urgestein verabschiedet sich
Die Fussstapfen, in die er tritt, sind jedenfalls gross: Luxemburgs Regierungschef Juncker hat den Vorsitz der Eurogruppe seit 2005 inne und hat das Amt geprägt. Nicht ohne Stolz führte er den Beinamen «Mister Euro».
Besonders die zweite Hälfte seiner Amtszeit war von teils dramatischen Entwicklungen, nächtlichen Krisenberatungen und der Sorge um das Überleben des Euros geprägt.
Unter der Verhandlungsführung Junckers wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt, der dauerhafte Euro-Rettungsfonds ESM aus der Taufe gehoben sowie zahlreiche Konflikte der Euro-Länder um den richtigen Krisenkurs ausgetragen.
Aus seiner Amtsmüdigkeit nach acht Jahren hatte Juncker in den vergangenen Monaten kaum noch einen Hehl gemacht. Am liebsten wäre er sogar schon früher zurückgetreten. Weil sich Deutschland und Frankreich aber nicht auf einen Nachfolger einigen konnten, blieb er vorerst noch im Amt.
«Es ist mir in den letzten Monaten ein bisschen zu bunt geworden», liess er verlauten. Der 58jährige will sich nun auf sein Amt als Regierungschef in seiner Heimat konzentrieren und wird in dieser Funktion auch weiterhin in Brüssel anzutreffen sein.