Friedensbemühungen in Nahost sind traditionell klassische Beispiele für Pendeldiplomatie. Viele Interessen müssen austariert werden.
«Gaza erster Test für die neuen Allianzen»
Vor allem das kleine aber reiche Golfemirat Katar mischt im Ringen um regionalen Einfluss und die Durchsetzung eigener ideologischer Vorstellungen immer stärker mit. In einer Allianz mit anderen islamistisch orientierten Staaten wie der Türkei, Sudan und dem Iran spielt das Emirat eine zunehmend bedeutsame Rolle.
«Gaza ist der erste Test für diese neuen Allianzen, und das hat durchaus Folgen für die Aussichten auf eine Waffenruhe», sagt der in London ansässige Nahost-Analyst Ghanem Nuseibeh.
Internationaler Besuch in Doha
International wird der Einfluss Katars de facto längst anerkannt: So gaben sich in den vergangenen Tagen zahlreiche Protagonisten des Konflikts und Vermittler im Palast des Emirs die Klinke in die Hand: UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Aussenminister John Kerry, Hamas-Chef Khaled Meschaal, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas – die Liste der Besucher in Doha ist lang.
Doch ob sich die Einbeziehung Katars in das Diplomatie-Karussell mit Blick auf einen raschen Waffenstillstand auszahlt, ist fraglich. Denn Katar konkurriert mit dem bislang wichtigsten Vermittler Ägypten und schwächt dessen Position.
Das haben auch die europäischen Aussenminister erkannt, die gebetsmühlenartig betonen, die ägyptische Friedensinitiative sei die einzige, über die gesprochen werde. Denn Ägypten wird weithin als die einzige Regionalmacht angesehen, die die Macht und Autorität hat, eine Waffenruhe herbeizuführen.
Für Ägypten ist Katar ein Rotes Tuch, finanzierte es doch massiv die gestürzte Muslimbruder-Regierung. In Kairo wird vermutet, dass es Einflüsterungen aus Katar waren, die die Hamas trotz dramatischer Verluste durch die israelische Offensive bewegten, einen ersten ägyptischen Vorschlag für eine Waffenruhe zurückzuweisen.
Die Hamas ihrerseits versucht die Bedeutung seines Schutzpatrons Katar zu relativieren. «Katar hilft uns, unsere Botschaft deutlich zu machen, das ist alles», sagt ein Hamas-Offizieller.
Zurechtweisung in Riad
Saudi-Arabien, ein enger Verbündeter und Finanzier Ägyptens, reagiert alarmiert. Erstmals seit langem lud König Abdullah den katarischen Herrscher, Scheich Tamin bin Hamad al-Thani, diese Woche zu Gesprächen über den Nahost-Konflikt ein.
Viel wurde von dem Treffen nicht bekannt. Katarische Regierungsvertreter beteuerten, Katar wolle ein rasches Ende der Gewalt erreichen und zugleich seine Rolle als Schutzpatron der Palästinenser zementieren.
In saudi-arabischen Regierungskreisen wurde man deutlicher, was die Botschaft des Königs an seinen Gast betraf: Der Monarch werde klarmachen, dass alle Vermittlungen über Ägypten laufen müssten.
«Der Umgang mit dem Palästinenser-Konflikt war immer und wird immer die historische Rolle Ägyptens sein. Katar bekommt die Ansage, sich da rauszuhalten», hiess es vor dem Gespräch des Königs mit dem Emir.
Kairo geniesst Vertrauen Israels
Ägypten, das bevölkerungsreichste und politisch stärkste arabische Land, hat bei vergangenen Konflikten mehrfach unter Beweis gestellt, dass es einen Frieden zwischen Israel und den Palästinensern erreichen kann.
Die Führung in Kairo geniesst nach dem Sturz des Muslimbruders Mohammed Mursi in Israel wenigstens ansatzweise wieder das Vertrauen, die das Land zu Zeiten der Herrschaft von Husni Mubarak genoss.