Vor zehn Jahren nahm der Fall seinen Anfang: Dogu Perinçek, ein prominenter türkischer Nationalist, leugnete an Versammlungen in der Schweiz, dass die osmanische Regierung im Ersten Weltkrieg einen Völkermord an den Armeniern begangen habe. Dagegen bezeichnen die meisten Historiker die damaligen Massaker an den christlichen Armeniern als Völkermord.
Diese Linie vertreten auch die Schweizer Gerichte, die Perinçek wegen Verstoss gegen das Antirassismus-Gesetz verurteilten. Denn die hiesigen Richter befanden, dass seine Völkermord-Leugnung auf einer rassistischen Grundlage basiere.
Kleine Kammer des EGMR gibt Perinçek recht
Doch Perinçek wehrte sich bereits ein erstes Mal erfolgreich in Strassburg. Die Kleine Kammer des Menschenrechtsgerichts kam nämlich vor etwas mehr als einem Jahr zum Schluss, die Schweiz habe die Meinungsäusserungsfreiheit verletzt.
Inhaltlich äusserten sich die Strassburger Richter nicht zur Frage des Genozids. Sie betonten aber, in einer demokratischen Gesellschaft müsse man auch über sensible Fragen diskutieren können.
Antirassismus-Gesetz auf Prüfstand
Die Schweizer Behörden zogen den Fall jedoch weiter an die Grosse Kammer des Strassburger Gerichts. Dort wird heute ein Vertreter des Bundesamtes für Justiz die Schweizer Position vertreten. Befragt werden aber auch türkische und armenische Vertreter.
Das Urteil wird der Menschenrechtsgerichtshof erst später fällen. Doch die Spannung ist gross. Für die Schweiz geht es letztlich auch um die Frage, wie weit das Antirassimus-Gesetz gehen darf.