«Wenn wir in Afghanistan 5000 Soldaten eingesetzt haben, kann in einem Land wie Libyen, das uns näher betrifft, der Einsatz noch grösser sein», sagte die italienische Verteidigungsministerin Roberta Pinotti in einem Interview mit der römischen Tageszeitung «Il Messaggero» am Sonntag.
«Italien ist bereit, in Libyen eine Koalition aus europäischen und nordafrikanischen Ländern anzuführen, um das Fortschreiten der IS-Terroristen zu stoppen, die bis zu 350 Kilometer von unseren Küsten entfernt angelangt sind», so Pinotti.
Italiens Regierungschef Matteo Renzi stärkte indes seinem Aussenminister Paolo Gentiloni den Rücken, der zuvor Roms Bereitschaft zum Kampf gegen «eine aktive terroristische Bedrohung» unter UNO-Führung verkündet hatte. «Italien ist bereit, seinen Teil im Rahmen einer UNO-Mission zu leisten, um das Prinzip der Freiheit und der Rechte zu verteidigen», bestätigte Renzi laut Medien Gentilonis Erklärung.
Flüchtlingsroute über Libyen
Der frühere EU-Kommissionspräsident Romano Prodi warnte, dass die Lage in Libyen ausser Kontrolle geraten sei. «In Libyen fehlt seit Jahren eine Regierung. Die EU muss etwas unternehmen. Europa ist verschlossen und unfähig, in Richtung Süden zu blicken», klagte der Italiener. Die Oppositionspartei Lega Nord rief die Regierung Renzi auf, eine Sondersitzung einzuberufen, um über die Lage im südlichen Mittelmeer zu diskutieren.
Direkt betroffen von der chaotischen Lage in Libyen ist Italien durch die Flüchtlinge, die zu Hunderten von der nordafrikanischen Küste aus ihre Reise über das Mittelmeer antreten. Die italienische Marine ist bei deren Rettung im Dauereinsatz. In den vergangenen zwei Tagen wurden 1500 Migranten in Sicherheit gebracht.
Unaufhörlicher Flüchtlingsstrom
Der Flüchtlingsstrom aus Nordafrika bringt unaufhörlich und immer mehr Menschen aus Nordafrika aufs Mittelmeer. Am Sonntag wurden innerhalb von nur einem Tag mehr als 2100 Flüchtlinge in Sicherheit gebracht, meldete die Agentur Ansa unter Berufung auf die Behörden.
Schon am Samstag rettete die Küstenwache über 600 in Seenot geratenen Migranten retten. Die sechs Boote befanden sich rund 50 Seemeilen vor Libyen und riefen per Satellitentelefon um Hilfe. Bereits am Freitag waren 700 Flüchtlinge in Sicherheit gebracht worden. Die Rettungsaktion erfolgte wenige Tage nach dem Tod von rund 300 Migranten bei der Überfahrt von Libyen nach Italien.
Italiener aus Libyen evakuiert
Inzwischen hat Rom rund 100 Italiener evakuiert, die sich in Libyen befanden. Sie stiegen in Tripolis an Bord eines Schiffes, das in Sizilien eintreffen soll. Die italienische Botschaft in Tripolis schloss Medien zufolge inzwischen ihre Pforten. Seit dem 1. Februar hatte das italienische Aussenministerium die Italiener dazu aufgerufen, Libyen zu verlassen.