Das Hilfsprogramm für Griechenland soll nach einem Beschluss der Euro-Finanzminister am Dienstag enden. Bei fehlender Übereinkunft würden damit rund 18 Milliarden Euro den Weg nach Athen nicht finden. Zugleich wird am Dienstag die Überweisung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro fällig. Da Griechenland von externen Mitteln und dem Finanzmarkt abgeschnitten ist, steht es am Dienstag vor der Zahlungsunfähigkeit.
Eine Übersicht über die nächsten möglichen Entwicklungen
- Athen beschliesst Schuldscheine
Um den Geld- und Wirtschaftskreislauf in Gang zu halten, könnte die Regierung gezwungen sein, Schuldscheine auszugeben, mit denen Unternehmen und Privatleute untereinander Rechnungen begleichen könnten. Das wäre dann faktisch eine zweite Währung und der erste Schritt aus dem Euro. Der Wert dieser Parallelwährung dürfte deutlich unter dem des Euro liegen – und damit würden Rentner oder Arbeitslose vom Staat wesentlich weniger Geld erhalten als aktuell.
- Der permanente Euro-Rettungsschirm ESM hält sich zurück
Sobald Griechenland beim IWF nach Dienstag als zahlungsausfällig geführt wird, müssen die Euro-Länder beraten, ob sie die sofortige Rückzahlung von Krediten fordert. Dies gilt gegenüber einem Land, das soeben in die Pleite gerutscht ist, indes als unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte der Euro-Rettungsfonds ESM als grösster Gläubiger des Landes sein Rechte auf Rückzahlung zunächst formal geltend machen.
- Die EZB gewährt weiter Notkredite
Vor einer schwierigen Entscheidung stand die EZB. Sie hat am Sonntag entschieden, weiter Notkredite für griechische Banken (ELA) zu gewähren. Vorerst. Bundesbankchef und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann hat wiederholt dafür plädiert, die Nothilfen einzustellen. Andere EZB-Vertreter haben deutlich gemacht, dass die ELA-Hilfen so lange gewährt werden, wie die griechischen Banken Sicherheiten hinterlegen können. Diese Sicherheiten dürften allerdings nach dem Ende des Hilfsprogramms und der festgestellten Zahlungsunfähigkeit bei der EZB rasch an Wert verlieren.
Die EZB könnte mit der Aufkündigung der ELA-Hilfen auch bis zum 20. Juli warten, wenn eine Rückzahlung Griechenlands an die EZB in Höhe von 3,5 Milliarden Euro fällig wird. Sollte die Rechnung nicht beglichen werden, könnten der EZB die Argumente für eine Aufrechterhaltung von ELA bald ausgehen.
- Athen verhandelt über ein drittes Hilfsprogramm
Ob und in welcher Form das von Ministerpräsident Alexis Tsipras überraschend für den 5. Juli angesetzte Referendum tatsächlich abgehalten wird, war am Samstag nicht ganz klar. Denn mit dem Auslaufen des Hilfsprogramms am Dienstag ist zunächst auch das von den Geldgebern angebotene Reformpaket vom Tisch, über das die Griechen eigentlich abstimmen sollten. Falls die griechische Regierung trotzdem über Reformauflagen abstimmen lässt und die Bevölkerung über die Massnahmen stimmen sollte, müsste die Athener Regierung wohl oder übel über ein drittes Hilfsprogramm verhandeln. Allerdings hiess es seitens der EU, es werde kein drittes Hilfsprogramm geben.
Wie lange sich die griechische Regierung in einem solchen Szenario im Amt halten kann, ist offen, denn am Samstag hatten viele Mitglieder der griechischen Regierung ihren Landsleuten empfohlen, die Auflagen abzulehnen.
- Griechenland zehrt an noch vorhandenen Reserven
Am Dienstag, dem 30. Juni, läuft das Hilfsprogramm der Europäer für Athen aus. Damit verfallen noch bereitstehende Finanzhilfen von insgesamt gut 18 Milliarden Euro. Wie viel Geld Griechenland tatsächlich noch in seinen Kassen hat, weiss wohl niemand so genau. Allerdings gilt eine Staatspleite schon unmittelbar am 1. Juli als ausgeschlossen.
- Grexit
Der EU-Vertrag sieht nicht vor, dass ein Land aus dem Euro austritt. Sollte der griechische Staat bankrott gehen, bedeutet das nicht automatisch, dass das Land auch den gemeinsamen Euro-Währungsraum verlassen muss. Viele Ökonomen jedoch halten einen Austritt Griechenlands aus dem Euroraum im Falle einer Staatspleite für wahrscheinlich.