Die Palästinenser-Gebiete als Staat anzuerkennen, liegt in Europa im Trend. Schweden hat den Schritt bereits im Oktober getan. Die Parlamente Frankreichs, Grossbritanniens, Irlands und Spaniens fordern ihre Regierungen dazu auf, den Skandinaviern zu folgen. Die Länder Osteuropas haben den Entscheid schon vor ihren EU-Beitritten gefällt.
Grund dafür ist die verfahrene Situation im Nahost-Konflikt und die europäische Ungeduld darüber. Die Siedlungspolitik geht unvermindert weiter, auch der letzte Gaza-Krieg und die neuerliche Gewalteskalation in Jerusalem sind Beweis dafür, dass es keinen echten Willen zur Beilegung des Konflikts gibt.
Palästinensern mehr Gewicht geben
SRF-Auslandredaktor Fredy Gsteiger sieht den Trend zur Anerkennung Palästinas auch. «Die Entwicklung geht in diese Richtung, aber es wird noch einige Jahre dauern, bis andere Länder nachziehen.» Gerade bei Deutschland werde es aufgrund der Vergangenheit länger dauern. Die Bundesrepublik habe in der Israel-Politik wenig Spielraum und sei moralisch dazu verpflichtet, das Land zu unterstützen.
Frankreich droht mit der unverzüglichen Anerkennung Palästinas, sollten neuerliche Friedensgespräche scheitern. Diese will Paris im Rahmen der UNO mit einer internationalen Konferenz anstossen.
Die Anerkennung Palästinas bedeutet nichts anderes als die Anerkennung der Realität.
Friedensgespräche sind unrealistisch
Für den Experten ist die aktuelle Politik in den EU-Staaten vor allem von grossem Symbolgehalt. Man wolle ein Zeichen setzen und zeigen, dass man etwas unternehme, um den Frieden zu vermitteln. Einige Länder erhoffen sich durch die Anerkennung, den Palästinensern mehr Gewicht zu geben und beide Parteien an den Verhandlungstisch zurückzubringen.
Gsteiger hält diese Ansicht für unrealistisch. Die Massnahme werde keinen friedensfördernden Effekt haben. Palästina sei de facto sowieso schon ein Staat, der ähnliche Strukturen habe wie andere in der Region. «Die Anerkennung Palästinas bedeutet nichts anderes als die Anerkennung der Realität.»
Konservative in Israel gestärkt
Kurzfristig werde die Massnahme eher zur Folge haben, dass konservative und nationalistische Kräfte in Israel gestärkt werden. «Sie können dann behaupten, dass die ganze Welt gegen Israel ist», meint Gsteiger. Damit wäre ein Prozess im Sinne der Zwei-Staaten-Lösung erschwert. Dies zeichne sich bereits bei den kommenden Neuwahlen ab. Der Rechtsrutsch werde sich aller Voraussicht nach fortsetzen und moderate Kräfte an Terrain verlieren.
Ausserdem habe die Sicherheit innenpolitisch höchste Priorität. Gemäss Gsteiger wird sich Israel in der Friedensfrage erst bewegen, wenn die Regierung davon überzeugt ist, dass keine Gefahr mehr von den Palästinensern ausgeht. «Daran wird sich auch nichts ändern, wenn einige EU-Länder die staatliche Unabhängigkeit der Palästinenser-Gebiete anerkennen.»