Just zum Abschluss des EU-Afrika-Flüchtlingsgipfels in Malta führt das traditionell liberale Schweden wieder Grenzkontrollen ein – für vorerst zehn Tage. Die rot-grüne Regierung in Stockholm begründet dies mit der Rekordzahl von Neuankömmlingen, welche das Land in diesem Jahr bereits aufgenommen habe.
«Es ist das bisher stärkste Signal der schwedischen Regierung und bedeutet: Wir schaffen das nicht mehr», sagt SRF-Nordeuropa-Mitarbeiter Bruno Kaufmann. Tatsächlich seien in den letzten Tagen so viele Flüchtlinge nach Schweden gekommen, dass es schlicht keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr gebe. In Südschweden seien Zeltstädte errichtet worden.
Fährbetreiber müssen Papiere verlangen
Laut Kaufmann soll mit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen vor allem ein Zeichen gesetzt werden. Flüchtlinge sollen davon abgehalten werden, eine Fähre nach Schweden zu besteigen. Betreiber dieser Fähren von Deutschland und Dänemark sind ab Donnerstagmittag angehalten, Kontrollen durchzuführen. Die Passagiere müssen einen gültigen Pass oder eine Identitätskarte vorweisen. Viele sind nicht im Besitz solcher Dokumente.
Aber auch die bereits ins Land eingereisten Flüchtlinge sind eine grosse Herausforderung. In den letzten Tagen wurden immer wieder Flüchtlinge mit Bussen von Süden nach Norden gefahren, ohne dass sie wussten, wo sie landen. Viele wurden irgendwo abgesetzt und die Gemeinden mussten sich um sie kümmern.
Weitere Plätze auch bei Privaten gesucht
Das soll jetzt mit einem neuen Massnahmenpaket abgefedert werden, indem die Gemeinden verpflichtet werden, Flüchtlinge aufzunehmen. «Es wird jetzt fieberhaft im ganzen Land versucht, Plätze für Flüchtlinge zu finden, auch bei Privatpersonen. Auch das Königshaus möchte jetzt Flüchtlinge aufnehmen», berichtet Kaufmann.
Der innenpolitische Druck von rechter Seite für zusätzliche Massnahmen in der Flüchtlingskrise ist in Schweden in den letzten Wochen gestiegen. Anfänglich versuchte die Regierung, mit Offenheit zu reagieren, musste jetzt aber einsehen, dass es nicht mehr geht: «Schweden muss aus praktischen Gründen jeden Tag und jede Woche schauen, wie es weitergeht, denn fast 200‘000 Menschen werden in diesem Jahr erwartet.»