Recep Tayyip Erdogan hat den Demonstranten Dialogbereitschaft signalisiert und schickt gleichzeitig die Polizei in einen Grosseinsatz zum Taksim-Platz. Am frühen Morgen rückten Wasserwerfer auf den Platz vor.
Am morgigen Mittwoch will sich Erdogan laut Ankündigung zu einem Gespräch mit den Vertretern der Bewegung treffen. Unterdessen unterzeichnete Präsident Abdullah Gül ein heftig umstrittenes Gesetz: Der Verkauf und Ausschank von Alkohol wird damit weiter beschränkt. Dies kritisieren die Demonstranten. Der Kurs von Erdogan gefällt ihnen aber allgemein nicht: zu autoritär, zu konservativ.
Erdogan hatte den Demonstranten in den vergangenen Tagen immer wieder gedroht und die Polizei ging zum Teil unzimperlich gegen die Mengen auf der Strasse vor. Es nützte wenig. Im Gegenteil: die Proteste nahmen zu.
In der südlichen Provinz Adana nahm die Polizei in der Nacht auf Montag erneut 13 Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter fest. Sie sollen im Internet zu Unruhen angestachelt und Angriffe auf Polizei koordiniert haben, berichtete der Sender CNN Türk.
Die türkische Polizei rückte gleich in mehreren Städten gegen Demonstranten vor, darunter in der Hauptstadt Ankara. Dort trieb sie rund 10‘000 Menschen auseinander, mit Wasserwerfern und Tränengas.
Regierung giesst Öl ins Feuer
Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP will am kommenden Wochenende zwei Kundgebungen von Anhängern in Ankara und Istanbul organisieren.
Aus Sicht seiner Gegner heizt Erdogan die Stimmung auf. Er charakterisiert die Demonstranten als gottlose Gewalttäter, die selbst in einer zur Krankenstation umfunktionierten Moschee in Istanbul Bier getrunken hätten. Der Imam und der Muezzin der Moschee bestreiten das.
Auch für Erdogans Behauptung, Frauen seien wegen ihres Kopftuches attackiert worden, wurden keine Beweise oder Details präsentiert.
Am Anfang war nur ein kleiner Anlass
Der Protest hatte sich Ende Mai an der gewaltsamen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park in Istanbul entzündet. Inzwischen richten sich die Demonstrationen gegen den als immer autoritärer empfundenen Kurs Erdogans und seiner islamisch-konservativen Partei AKP.