Zehn Jahre ist es her, da begannen amerikanische und britische Truppen mit ihrer Invasion im Irak. Angeblich war es Saddam Husseins Ziel, in Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen. Diese Annahme allerdings erwies sich im Nachhinein als falsch. Sie beruhte auf einer Fehleinschätzung eines CIA-Agenten.
Doch vor zehn Jahren schien die Sachlage klar. Iraks Diktator Saddam Hussein entwickelt Nuklear-Waffen, die er gegen die USA und weitere Länder einsetzen will. Aluminiumröhren, die zur Uran-Anreicherung benötigt werden und die der Irak gekauft hatte, waren für die US-Regierung zwar nicht der einzige, aber der wichtigste Beweis. Die Röhren wurden immer wieder erwähnt, etwa von Präsident George W. Bush im September 2002.
Für Uran unbrauchbare Röhren
Houston Wood ist Experte für Gas-Zentrifugen an der Universität von Virginia. Der Professor sass damals vor dem Fernseher und hörte Bushs Rede. Wood wunderte sich. Und nicht nur das. Geschockt sei er gewesen, sagt er heute. Ein schrecklicher Verdacht überkam ihn. Wood rief seine früheren Arbeitskollegen im US-Energie-Departement an.
SRF-Korrespondent Ulrich Tilgner
Die Kollegen bestätigten, dass es sich um dieselben Röhren handelte, die Professor Wood vor rund einem Jahr begutachtet hatte. Der Geheimdienst CIA gelangte damals in Jordanien an einige dieser Röhren. Das US-Energiedepartement analysierte sie. Es gab Zweifel, ob sie für die Uran-Anreicherung eingesetzt werden können. So wurde Experte Wood herbeigezogen. Dieser stellte rasch fest, dass die Röhren nicht in Gaszentrifugen verwendet werden können. Sie seien zu schwer und zu dick gewesen, erzählt Wood. Für Uran-Anreicherung unbrauchbar.
Trotzdem wurden sie von der Bush-Regierung weiter als Beweis für das Nuklearprogramm des Iraks aufgeführt.
Hauptsache, Saddam ist weg
Starjournalist David Corn, Autor eines Buchs über den Irakkrieg, erstaunt das nicht. Die Bush-Regierung wollte Saddam Hussein weg haben und sei an Argumenten, die gegen eine Invasion gesprochen hätten, nicht interessiert gewesen. Sie hätte nur jene Fakten herausgepickt, die ihrer Darstellung entsprochen hätten, sagt Corn. Die Fakten lieferte ein einzelner CIA-Agent ohne Fachwissen. Er behauptete, die Röhren seien sehr wohl für die Uran-Anreicherung bestimmt:
Was tun?
Im Irakkrieg starben viele Menschen. Hätte Houston Wood rückblickend lauter Alarm schlagen sollen? Er würde heute wohl mehr unternehmen, sagt er und sucht nach Worten. Er habe nicht gewusst, wie er die richtigen Leute kontaktieren könne, an die Medien wollte er nicht.
Ob es sinnvoll war, Saddam zu entfernen, darüber will Houston Wood nicht debattieren. Aber er ärgere sich noch heute, dass die Amerikaner aufgrund falscher Fakten in den Krieg zogen: Ohne die Aluminiumröhren, so Wood, wäre es vielleicht gar nie so weit gekommen.
(lin;basn)