Der beispiellose Flüchtlingsandrang überfordert die Ägäis. Die Zahl der Flüchtlinge sei in den vergangenen Tagen «dramatisch» gestiegen, erklärte das International Rescue Committee (IRC). Die Behörden könnten den Andrang nicht bewältigen.
Zurzeit harren alleine auf Lesbos fast 8000 Flüchtlinge aus. Die Fähren zum Festland sind laut IRC-Koordinator Kirk Day jedoch bis Mitte kommender Woche ausgebucht. Wenn nicht bald weitere Schiffe zur Verfügung gestellt würden, könnten bis zu 20'000 Flüchtlinge auf Lesbos stranden, warnt das Hilfswerk.
Die Insel in der Ostägäis hat 90'000 Einwohner. Im Sommer halten sich zudem tausende Touristen auf Lesbos auf. Auch die freie Journalistin Eleni Klotsikas hat sich ein Bild der Lage vor Ort machen können: «Jede Nacht kommen neue Flüchtlinge an. Sie campieren auf dem Boden vor dem Hafen. Auf den Strassen, zwischen den Autos – teilweise unter den Autos, um Schatten zu finden.»
Auffanglager der Insel ist überfüllt
Die Menschen setzten mit Schlauchbooten vom nahegelegenen türkischen Festland über. «Wenn sie von der Küstenwache entdeckt werden, zerstechen sie ihre Boote», erklärt Klotsikas. «Denn sie haben Angst, zurückgedrängt zu werden.»
Die meisten Flüchtlinge hätten zudem keinen Zugang zu sanitären Anlagen und Essen, denn das Auffanglager auf Lesbos sei bereits voll, so die Journalistin. «Der Bürgermeister von Lesbos ist ziemlich verzweifelt.»
Er habe zwar ein paar Zelte aufstellen lassen und einen Trinkwassertransfer zweimal am Tag organisiert, «damit die Menschen wenigstens nicht verdursten». Doch für weitere Hilfsmassnahmen fehlten ihm die Mittel.
Massiver Anstieg in wenigen Tagen
Letzte Woche sind nach Angaben des UNHCR, des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge, innert weniger Tage fast 21'000 Flüchtlinge von der türkischen Küste über das Meer nach Griechenland gekommen – beinahe halb so viele wie im gesamten vergangenen Jahr. 2014 hat das Land insgesamt 43'500 Flüchtlinge registriert.